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DER IN HOLZ GESCHNITTENE FREITAG

Staunen. Applaus. Ein Zirkuspferdchen in Orange, Federn auf dem Pferdekopf schmücken in Blau, ein zarter Zirkusartist mit orangenen Bäckchen, blaue Stirnfalten in dicker Linie geschnitten, kreiselnde Linien zeigen die Zirkusarena so ungelenk in der Linienführung wie intensiv im Ausdruck. Der Brücke-Künstler Erich Heckel zeigt uns hier seine expressionistische Kunst in originalen Holzschnitten auf Vor- und Nachsatz der ersten Monographie über ihn. Die komplementäre Farbgestaltung und das lebendige Motiv haben uns dazu verführt, das Thema des heutigen Freitags, nämlich das des Holzschnittes, fanfarengleich einzuleiten. So folgt die Inkunabel von 1498 erst an zweiter Stelle, obwohl sie nicht nur als erste im deutschen Sprachraum gedruckte Horazausgabe beeindruckt, sondern ebenso durch ihre 167 Textholzschnitte. Diese illustrieren den Text nicht nur, denn zusammen mit der Typographie formen sie als gestaltendes Element den Inhalt, ja agieren miteinander, sich gegenseitig fördernd. Diese Ausgabe ist in der Tat ein herausragendes und geglücktes Beispiel für die experimentierfreudige Frühphase der Buchgestaltung. 33 Jahre später erschien die erste deutsche Ausgabe der Officia von Cicero, die mit über 100 Holzschnitten von H.Weiditz und auch Burgkmair bereichert ist und in der der Betrachter mitunter ungewohnte Motive in harmonischer Schraffurentechnik entdecken kann. Zu begeistern vermag Das Kestnerbuch von 1919, das wiederum expressionistische Originalgraphik birgt, darunter auch Holzschnitte von L.Feininger und E.Heckel, oder die Künstlerbücher von HAP Grieshaber, die durch ihre Formengroßzügigkeit auffallen. Es soll auch hingewiesen werden auf das in Holz geschnittene Dornröschen in weichen fließenden Linien und den Königssohn, der - ebenso fließend umrandet - so chevaleresk, so sanft und kühn die Schlafende befreiend wachgeküsst hat und sich der Eindruck verstärkt, dass die Prinzessin ohne die geglückten Holzschnittillustrationen von Alfred Zacharias noch heute schlafen würde.


Unsere Notizen aus Frankfurt führen heute in die hölzerne und heitere Figurenwelt der Braubachstraße.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Der hölzerne Zirkusclown aus dem Erzgebirge Passend zu der Zirkusarena von Erich Heckel haben wir in dem Antiquitätengeschäft Magus hier in der Braubachstraße 26, also nur wenige Schritte entfernt vom Tresor am Römer, einen Clown aus Holz entdeckt, der mit zu kurzen Hosen, seiner für die Mundöffnung zu kleinen Zigarre, einer zu großen Fliege, der roten Nase und seinen aufgerissenen Augen nicht nur bei den vielen asiatischen Touristen Heiterkeit ausgelöst haben mag, sondern inzwischen die inländischen Urlauber anzieht und ihnen ein Lächeln wenn nicht gar ein Lachen entlockt. Der musikalische Clown wurde in den 1990er Jahren im Erzgebirge gefertigt, hat einen sehr guten Erhaltungszustand und kann für 48.- Euro erworben werden. In den Tiefen des großflächigen Ladengeschäftes kann man auch ein hölzernes Schaukelpferdchen entdecken, andere lustige Holzfiguren aus dem Erzgebirge, Möbel, Geschirr und zarte Porzellanfiguren aus unterschiedlichen Ländern und Zeiten, unterhaltsam arrangiert; so können wir im Schaufenster Louis Bonaparte, von empfindsamen Händen koloriert, in heldenhafter Pose auf seinem rassigen Schimmelhengst bewundern, der sich neben einem zahnschmerzgeplagtem Terrier aufbäumt, ebenfalls aus Porzellan, mit einem roten Tuch, das um Kiefer und Kopf schmerzlindernd gebunden ist. Behütet wird das umfangreiche Sortiment heute von der frohgemuten Inhaberin, Maria-Luisa del Alamo, die wir auf dem unteren Foto hinter einer Kunststoffscheibe sehen können - geschützt vor dem hinterlistigen Corona-Virus.

DER BLÜHENDE FREITAG


Die Zwiebel einer Feuerlilie in der Handtasche oder in der Hosentasche kann ungemein vorteilhaft wirken - vor allem als Liebeszaubermittel. Um diesen Volksglauben zu illustrieren, stellen wir an diesem blütenreichen Freitag auch die farbprächtige Feuerlilie, flankiert von zwei Veilchen, aus dem Hortus Eystettensis vor. Das Lilium cruentum flore pleno zieht den Betrachter nicht nur durch seine dargestellte Größe und das strahlende per Hand aufgetragene Kolorit in den Bann, sondern verführt mit ihren voluptuösen barocken Formen. Die Grünblätter wie die Blütenblätter und die Stempel scheinen sich zu bewegen und locken so den Interessierten immer näher an sich heran. Geradezu magisch verführt werden wir von der seltenen Sonnenblume, die ebenso aus dem Garten von Eichstätt stammt und im Angebot aufgeführt wird. Die züngelnden gelben Blüten, die detaillierst in Kupfer gestochenen Röhrenblüten in der Mitte verführen gleichermaßen durch Plakativität und durch Detailtreue. Die Kupferplatten der beiden Kupferstiche stammen aus dem erstmals im Jahre 1613 erschienenen Hortus Eystettensis und unterstreichen die Ausnahmestellung dieses Werkes, das sich im außergewöhnlichen sogenannten Königs-Folio präsentiert und mit der Schönheit der botanischen Abbildungen besticht. Basilius Besler erhielt von dem Fürstbischof von Eichstätt den ungewöhnlichen Auftrag, den Garten in Buchform wiederzugeben. Der Titel der Veröffentlichung übertreibt nicht, wenn er eine sorgfältige und genaue Aufzeichnung und naturgetreue Darstellung aller jener mit einzigartigem Fleiß aus den verschiedenen Erdteilen zusammengetragenen Pflanzen, Blumen und Bäumen verspricht.

Auf den Kupferstichen eines anderen Prachtwerkes, der Flora Londinensis von William Curtis, bemerken wir neben den Pflanzendarstellungen, wiederum sorgsam handkoloriert, feine kleine Blütenteile, nämlich Staub- und Fruchtblätter, die dem erst 40 Jahre alten revolutionären Ordnungssystem von Carl von Linné folgen. Die zwei Foliobände, erschienen 1777-1798, sind ebenso umfangreich wie gewichtig in Bedeutung als auch in ihrer Gestalt. Hat man erst einmal einen Band auf den Tisch gewuchtet, kann man sich selbst als Laie nicht mehr von den filigran gestochenen und kolorierten Plants - die Texte sind nicht nur in Lateinisch sondern auch in Englisch verfasst - rund um London lösen. Desweiteren schätzen wir uns glücklich unseren Kunden eine Ausgabe über das Pflanzenreich des Pariser Umlandes vorstellen zu können. Der wunderschön gebundene Band Flore pittoresque des environs de Paris von A.Vigneux aus den Jahren 1812-1814 ist nicht minder reizvoll in der Gestaltung der 69 Kupfertafeln. Wiederum begegnen wir der Natur formen- und farbenreich, ahnen und sehen Veränderungen in der Darstellungsweise im Laufe der Jahrhunderte.

In unseren Notizen aus Frankfurt können Sie bei Samen Andreas einen kleinen Blick auf die vielen Samentütchen werfen, die mitunter merkwürdige Blumensorten bergen.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Schwarzäugige Susanne & Mimose Rühr mich nicht an Unweit der Kleinmarkthalle befindet sich das Geschäft Samen Andreas in der Töngesgasse, das bereits in der fünften Generation als Familienunternehmen besteht. 1868 wurde es gegründet und bietet u.a. ein wahrlich umfangreiches Sortiment von für uns heute interessanten Blumensamen in grellbunten Tütchen an. So gibt es die Samen der einjährigen Mimose Rühr mich nicht an als auch der faszinierenden Passionsblume neben der Schwarzäugigen Susanne. Auf dem Foto lächelt uns Nils Andreas freundlich unter seinem Mundschutz und vor seinem Samensortiment zu, die Werbung auf der unteren Abbildung stammt aus dem Jahr 1904.

Wahrscheinlich fragen sich unsere Kunden jetzt, ob die liebesfördernden Zwiebeln der Feuerlilie noch angeboten werden. Nachdem wir unsere Handtaschen gefüllt haben - man weiß ja nie, ob man einem heldenhaften und vor allem schönen Cavaliere begegnet - mussten wir allerdings erfahren, dass die begehrten Zauberzwiebeln nun ausverkauft sind. Eventuell gibt es im September wieder neue Beutelchen.

 

 

DER HESSISCHE FREITAG


Wer auf die Suche geht, wird in dem Angebot "Der hessische Freitag" so manches interessante Detail finden. Neben den Märchensammlungen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, in denen man u.a. über eine abenteuerlustige Bohne lesen kann, die vor Lachen platzt - aber keine Angst, denn sie wird gerettet -, kann auch wahrlich abenteuerliche hessische Geschichte entdeckt werden. In "Beiträge zu der Geschichte der Ritterburgen und Bergschlösser in der Umgegend von Frankfurt am Main" von Friedrich Philipp Usener werden wir informiert über Irrungen, Verlobungen, Beerbungen, Stiftungen, Besitzungen, Vermählungen, Vergrößerungen, die nicht immer konfliktfrei vonstatten gingen. Beleidigte bezichtigten Schelme "... du recht dypscher, falscher, erloser Mörders, Straßenreybers, Lügners, Böswicht ..." und ein Ritter jagte den anderen durch Bergen, Bommersheim, Münzenberg, Falkenstein, Königstein, Eppstein, Bad Vilbel, Reiffenberg, Hattstein und Kronberg, der Landvogt den Burgvogt, der Junker den Landmann, der rauhe Ritter zu O. schließlich besiegt von dem besonders mutigen und anmutigen Ritter A. ... Namen, Zahlen, Jahre sind detailliert von dem kundigen Juristen und Heimatforscher Usener aufgeführt. Wiederum von Jacob Grimm finden Sie hier ein Grundlagenwerk zur historischen Betrachtung des deutschen Rechts. Weitere Rechtsfälle, so der Streit zwischen den Grafen Isenburg, den Grafen von Schönborn und der Reichsstadt Frankfurt um ihre Jagdrechte im Dreieicher Wildbann, bespickt mit Urkunden und Beweisen werden für Juristen interessant sein, als auch die Rechtsgeschichte der Wetterau von Friedrich Thudichum und eine weitere Abhandlung über das Recht in der Dreieich von Friedrich Scharff.

Freunde des Taunus können durch unser grafisches Angebot flanieren. Künstlerisch wurde diese landschaftlich reizvolle Gegend Ende des 18.Jahrhunderts entdeckt und hat auch den Frankfurter Künstler Anton Radl angezogen, der hier mit einer großformatigen und ungewöhnlichen Darstellung von Schlangenbad vertreten ist, die er aus dem Dickicht gesehen und diesen Blick mit auffällig gewachsenen Bäumen flankiert, gezeichnet hat. Zwei kleinformatigere Ansichten von Fritz Wucherer, der der Kronberger Malerkolonie angehörte, können hier bereits die Charakteristik seines künstlerischen Stiles andeuten, für Interessierte würde sich allerdings der Besuch im Tresor am Römer lohnen, der über ein umfangreiches Angebot von Grafik und auch einigen Originalzeichnungen dieses Künstlers verfügt.

 

Neugierige Nichthessen können in unseren Notizen aus Frankfurt ein originales Handkäsdippsche sehen und ein außergewöhnliches Marzipanprodukt.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Handkäsdippsche & Marzipanhandkäs Direkt am Eingang der Kleinmarkthalle gelegen, findet man in der Frankfurter Innenstadt den beliebten Hessenshop, in dem es ausschließlich begehrte hessische Spezialitäten gibt. Zu entdecken sind Gläser mit Senf der 80jährigen Fraa [sic! hessisch!] Schreiber, die in der Markthalle ihre Würstchen verkauft und mit einem Porträtfoto, lachend, das Etikett belebt, das beliebte blau-weiße Bembel-Fahrradtricot als auch Ebbelwoi-Duschgel, fruchtig nach Äpfeln duftend, sowie Fanartikel der Frankfurter Eintracht. Eine Kundin verrät, dass sie für Geschäftsreisen in die ganze Welt gerne hier ihre Präsente kauft, die kämen immer sehr gut an. Das Handkäsdippsche aus exklusivem Steinzeug, in dem der mit Zwiebeln verfeinerte Handkäs zu Hause für das Abendbrot serviert wird, ist leider bereits ausverkauft und nur noch im Geschenkkorb, hier von der freundlichen Mitarbeiterin präsentiert, erwerbar. Desweiteren sehen wir im Vordergrund sogenannte Behelfsmasken mit unterschiedlichen lustigen und vor allem hessischen Aussprüchen wie "Hammersbald?" oder "Gude!". Im Hintergrund erahnen wir Goethe mit aufgesetzter Schirmmütze "Make Frankfurt great again". Auf dem unteren Foto können wir wiederum Handkäs mit Musik und mit einer Scheibe Brot beäugen, um schaudernd festzustellen, dass es sich um täuschend echte Marzipanprodukte handelt, die es bestimmt nur hier in Hessen gibt.
 

DER TIERISCHE FREITAG


Regenwürmer zog es lang
Grillen hetzt es angst und bang

Käfer grub es köpflings ein

zog die Spinne an dem Bein ...

 
Heute beginnen wir den Freitag mit Versen zu Mäuselchen, dem Tierquäler und lenken so den Blick auf die lustigen aber auch maliziösen Reime und Illustrationen zu Der Thierstruwwelpeter aus dem Jahre 1887.

Zur Erheiterung unseres Freitagsgemüts sei hier zudem eine der netten Geschichten aus dem Buch, nämlich von dem ungeschickten aber tanzfreudigen Elefanten Hans Taps zitiert, der es sich nicht nehmen lässt, auf einem Ball im Senegal sein Elefantentanzbein zu schwingen.
 
Kaum kehrte er zum Senegal,

Gab sein Herr Vater einen Ball,

wozu die Vettern und die Tanten

und alle Rüssel-Anverwandten,
sowie die ganze Nilpferdschaar 

sehr höflich eingeladen war.

Hans Taps sucht aus dem Damenflor

das schönste Fräulein sich hervor,
Ein zartes Kind mit sanfter Miene

genannt die weiße Trampeline.

"Mein schönes Fräulein!" flüstert er,
"Zum ersten Walzer, bitte sehr!"
...
Ja, dreimal tritt er in der Hitze
Auf Trampeline's Stiefelspitze. 
...

Und weiterhin wird – soviel sei verraten, um den dargestellten Besen zu erklären – auch das kostbare senegalische Teegeschirr zu Bruch gehen.

 

Anthromorphe Züge finden wir natürlich ebenso bei dem schlauen Reineke de Vos. Die hier angebotene Ausgabe von 1711 ist eine Wiederentdeckung der niederdeutschen Fassung und hat J. Christoph Gottsched bei seiner Übersetzung beeinflusst. Der foliogroße und tierfuttersackschwere Reineke Fuchs von Johann Wolfgang von Goethe mit den detailreichen Illustrationen von Wilhelm von Kaulbach erheitern uns immer wieder durch seinen boshaften und kritikreichen Witz. Hätte Goethe die Schildkröte aus dem ersten wissenschaftlichen und ausschließlich zoologischen Werk der Renaissance, die Historia animalium von Conrad Gessner gekannt, sicherlich hätte er dieses Prachtexemplar in sein Tierepos mit eingeschrieben. Sie ist eines der 23 Reptile, das in Holz geschnitten und 1617 in der hier vorliegenden dritten Ausgabe in einem kräftigen Druck veröffentlicht wurde. Von ganz anderer Art ist das Prachtwerk von Georg W. Knorr, das über 100 Jahre später erschienen ist und das durch die aufwendig per Hand aufgetragenen Farben besonders intensiv strahlt. Korallen, Muscheln, Schmetterlinge, Seeigel, Mineralien, Hummer und Spinnen, Seesterne, Fische, Vögel, Säugetiere und Reptilien wetteifern in ihrer Luminanz um die Wette und selbst für naturwissenschaftlich uninteressierte Betrachter ist es schwierig, sich den Schönheiten dieser Naturaliensammlung zu entziehen.

Gewaltig war auch das Buchprojekt des Schweizers Johannes J. Scheuchzer, das er zusammen mit dem Verleger Johann A. Pfeffel aus Augsburg bewältigte. Die Physica Sacra erläutert und erklärt auf über 2000 Seiten und mit 758 Kupfertafeln die naturwissenschaftlichen Aspekte der Heiligen Schrift, um so einen Gottesbeweis zu erbringen. Neben Läusen, Käfern, Nilpferden finden sich auch Elefanten, die zwei gemeinen Stoßzahntierjägern drohende Blicke zuwerfen. Der Elefant Hans Taps hingegen befindet sich da in einer amüsanteren Situation auf dem Ball im Senegal mit seiner sanften Trampeline, die er am Ende vielleicht sogar noch mit seinem Rüssel küssen wird. In den Notizen aus Frankfurt werden Tierfreunde erfahren, wie es dem neuen Bienenstamm im Frankfurter Zoo in diesen Zeiten ergeht und wer Donatus vom Rühlskopf ist.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Donatus vom Rühlskopf & zugezogene Bienen Heute sind wir besonders glücklich, dass sich Donatus vom Rühlskopf bereit erklärt hat, für ein Foto zu posieren. Der vierjährige Deutsch Drahthaar ist ein ausgebildeter Jagdhund, der sich auch gerne im Uhrengeschäft "Ebert" gegenüber des Tresor am Römer aufhält, wo sein Herrchen Herr Paulus tätig ist. Wir sehen Donatus hier in lässiger Stadtpose. Den Thierstruwwelpeter kannte er übrigens noch nicht.

Aus dem Zoo können wir die frohe Botschaft vermelden, dass im Mai annähernd 30.000 Bienen aus Karben nach Frankfurt gezogen sind. Doch kann man den neuen Bienenstock noch nicht besichtigen, denn Zoodirektor Casares legt darauf Wert, dass die "Menschenaffen" während der Corona-Pandemie von den Bienen ferngehalten werden. Da es nur eine begrenzte Anzahl von derzeitg sehr begehrten Eintrittskarten gibt, sollte man diese früh genug buchen. Der Imbisswagen und auch die Eisstände sind geöffnet.

DER ITALIENISCHE FREITAG


Die Begeisterung für Italien ist ungebrochen. Doch das Reisen in unser Sehnsuchtsland ist in diesen Zeiten zu einer Wunschvorstellung geworden, die genährt werden möchte und so bieten wir einen Spaziergang durch die Orangenhaine des italienischen Geistes an, seine  Gebilde, Gestalten und Landschaften. Die Euphorie für Italien hat Tradition und setzte in England in der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts ein. Zahlreich sind die Reisebeschreibungen und Reiseführer, die den bildungsemsigen Reisenden begleitet, seine Erwartungen formuliert oder die Erinnerungen wachgehalten haben. Ein beliebtes deutsches Reisewerk “Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen ...” von Johann Georg Keyßler erschien 1740 und kann im folgenden Angebot in der vermehrten Ausgabe betrachtet werden. Die beiden Bände versorgten auch Goethes reisenden Vater mit Hinweisen zu Poststationen, über kunsthistorische Entwicklungen als auch über landestypische Eigenheiten, und das Stichwortregister erweckt noch heute unsere Neugierde auf angekettete Flöhe oder sich an Riesen rächende Zwerge. Fast 50 Jahre später hat Johann Wolfgang Goethe die drei umfangreichen Oktav-Bände von Johann Jacob Volkmann in sein Gepäck gezwängt. Die Kupferstiche der “Historisch-kritische Nachrichten von Italien …” sind luftig, die Ruinen erscheinen zärtlich umarmt von der Natur und feiern die Antike in empfindsamer Manier. Diese Italienbeschreibung wird als maßgeblich für das endende 18.Jahrhundert bezeichnet. Goethe hat sie jedenfalls fast täglich benutzt und beinahe sind wir uns sicher, dass die Stichworte “Karneval”, “Kastraten” und “Katzen” im wortreichen Register seine Aufmerksamkeit erregt haben mögen.

Das älteste Werk - über die Geschichte Italiens - , das wir hier anbieten, ist von Francesco Guicciardini verfasst worden und im Jahre 1566 erschienen. Die geologisch tiefsten Einblicke gewährt uns ein Führer über das unterirdische Rom. Wie sich die Zauberin Armidia in den Cavaliere Rinaldo verliebt und wohin sie ihn entführt, können wir in der geschätzten Übersetzung von Torquato Tassos "Befreites Jerusalem" lesen. Und ein wenig gruseln lässt uns das "Tagebuch" von Max Nohl, der unheimliches Türrütteln und Ungeziefer im Bett während einer Nacht in Ferrara beklagt. Um die Italienbegeisterung nicht zu mindern, sollte jedoch angemerkt werden, dass die Erfahrungen des Verfassers vorwiegend positiv waren und wir in heutiger Zeit nur in seltenen Fällen Tiere in Hotelbetten vorfinden. Tiere von besonderer Schönheit sind auf den über einen Meter hohen Kupferstichen zu entdecken, die die Bemalungen von Raffael in den Privatgemächern des Papstes nachbilden und die hier im Antiquariat oder in den zahlreichen wieder anlaufenden Ausstellungen anlässlich des 500.Todesjahres des Künstlers zu bewundern sind.
Die Bücher, Ansichten und Karten werden heute mit einem italienischen Kalbsgericht am Frankfurter Dom angeboten, unweit von der wiederbelebten Braubachstraße, wo der "Tresor am Römer" seine Besucher zu leicht geänderten Öffnungszeiten auch gerne nach Vereinbarung empfängt.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Italienisches Restaurant & Unitalienisch zu Hause Am Domplatz, unweit des "Tresor am Römer", öffnet heute wieder das italienische Restaurant "Cucina delle Grazie", das von Claudio Fiorentino geführt wird, dem sympathischen Italiener aus Apulien, der bereits seit 30 Jahren in Deutschland lebt. Wir werden uns bei dem nächsten Besuch wahrscheinlich für eine marinierte Kalbsnuss mit geröstetem Kürbis, die mit einer Sauce aus Burrata, einem Mozzarella ähnlichem Frischkäse gereicht wird, entscheiden. Sollte das Restaurant voll besetzt sein, gibt es hier in der Braubachstraße auch die Möglichkeit bei der "Margarete" vorbestelltes Essen, unter anderem mit der ganz unitalienischen Frankfurter Grünen Soße, abzuholen. Die Zubereitung zu Hause sei kinderleicht wie Spaghetti kochen ... was Claudio wohl dazu sagen würde?

DER ROTE FREITAG


Den 1.Mai verbinden wir zuallererst mit einem kämpferischen Signalrot, das Aufstände und Demonstrationen der Arbeiter ankündigt, das die hier angebotene Kinderrepublik plakativ unterstreicht oder die proletarische Jugend, die Johannes R. Becher als sogenannte Kampfgenossen animieren möchte.

Allerdings ist die Farbe Rot in ihren zahlreichen Tonvarianten auch dem leidenschaftlichen Gefühl der Liebe und der Erotik zugeneigt. Gerade in diesen Zeiten, in denen Berührungen, Umarmungen und Küsse uns untersagt sind, blicken wir sehnsüchtig auf das samtige tiefe Rot der Blütenblätter der Rose, die farbig gedruckt als Aquatintaradierung über enorme Verführungskünste verfügt. Empathisch, vielleicht sogar mit einer Träne im Auge, betrachten wir den Umschlag des provozierenden Grafikers John Heartfield, der effektreich eine Rose mit einer Operationszange drapiert hat und so den "Leidweg der Liebe" illustriert. Mit einem Tränenfluss werden wir "Anna Karenina" in den Händen halten und mit Schluchzen zwei Selbstmorde bedauern, die einer tragischen Doppelliebe in Goethes Schauspiel für Liebende, der "Stella", folgen.


Weniger tränenreich, aber genussvoll könnte die Lektüre von Boccaccios "Decameron" in der hier präsentierten venezianischen Ausgabe sein, die den Sinnenreichtum dieser Novellensammlung nicht mit der Farbe Rot unterstützt, sondern mit seiner eleganten Typografie, den illustrativen Initialen und den harmonisch und lichtreich geformten Schriftschnitten. Das Buch ist derzeit sehr begehrt. Eine Gruppe junger Menschen befindet sich in einem Landhaus bei Florenz in Quarantäne und dort erzählen sie sich Geschichten voller Sinnengenuss und Erotik. Auf dem farbig illustrierten Einband von "Der Mädchenhirt" können wir die rotgestreiften Kleider der sich anbietenden Mädchen betrachten oder das rote Hutband oder die roten Strümpfe, auf jeden Fall aber die rote Blume am Hut, ein Detail nur und doch verlockend genug. Von den erdbeerroten Küssen - auch diese gibt es -, den ganz besonderen und hier zu bewundernden Liebesäpfeln sowie anderen fruchtigen Liebesreizen kommen wir wieder zurück nach Frankfurt am Main, wo wir die roten Seiten der Stadt in unseren "Notizen aus Frankfurt" beschreiben.

Das Ladengeschäft hat wieder geöffnet - mit leicht veränderten Öffnungszeiten oder nach Vereinbarung - und wir freuen uns sehr, unsere Kunden hier begrüßen zu können.

 

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Ochsenblutrot & RRR-Rosen-Roth. Gerne hätten wir für unsere Kunden ein Foto vom Frankfurter Rotlichtviertel gemacht - ein hübsches kleines, rot blinkendes Schildchen vielleicht -, allerdings liegt dieses nicht in der unmittelbaren Umgebung des "Tresor am Römer" und so haben wir uns für das Neue Rote Haus entschieden, das ganz in unserer Nähe, in einem prächtigen roten Gewand am Hühnermarkt steht. Erst 2018 ist die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Altstadt von Frankfurt wieder eröffnet worden, zu dessen Gebäuden auch das Neue Rote Haus aus dem 14. Jahrhundert gehört. Die Fassade des ehemaligen Zunfthauses der Metzger wurde in Ochsenblutrot gestrichen und kann so, noch heute farblich passend, den Verkauf von Fleisch und der berühmten Frankfurter Würstchen begleiten. Tatsächlich ist es derzeit sehr ruhig auf dem Hühnermarkt. Die internationalen Besucher als auch die Tagestouristen fehlen und so werden die drei Wurstesser zur Mittagszeit nur von Friedrich Stoltze beobachtet, der von seinem Denkmal hinunterschaut, geschmückt mit einem prächtigen Bart, der dem von Karl Marx ähnelt. Friedrich Stoltze hat zusammen mit dem Maler Ernst Schalck ab 1860 die "Frankfurter Latern" herausgegeben, eine satirische Wochenzeitschrift, die er beschrieben hat als "weder schwarz-weiss noch schwarz-gelb lackirt, sondern durchaus rrr-rosen-roth" - und die unsere heutige Freitagsseite mit einer Rotnuance ergänzt.

Romantik am Freitag?


Die entscheidende Idee, die zur Romantikbewegung führte, entwickelte sich im Frühling. Diese Behauptung entbehrt zwar jeglichem literaturwissenschaftlichen Beweis, ist aber glaubhaft und leicht nachzuempfinden beim Anblick der blauen Hyazinthe, die jüngst im Bethmannpark in Frankfurt gesehen, von Hunderten von Augenpaaren bewundert, dann fotografiert wurde und sich nun am Ende unseres Angebotes in voller Pracht präsentiert.

Stellen wir uns einen mittelalterlichen Ritter oder Minnesänger vor, der, geschützt von groben Burgmauern mit seiner Angebeteten durch den Burggarten promeniert und vor einer blauen Hyazinthe entzückt verweilt, um dann - ebenso entzückt - die holde Jungfrau in die Arme nimmt, um sie zu küssen. Abends vor dem Kamin hat er diesen eindrucksvollen Moment in Wort und Ton gesetzt und das Notenpapier unter die Tür des Zimmers der jungen Frau geschoben. Da ſie die ſchoͤnen Bluͤmelein / So glaͤnzen ſah im Thaue, / Wer mag der Bluͤmlein Meiſter ſeyn, / Gedachte die Jungfraue. 1806 erschienen diese Zeilen in der Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn, heute finden Sie das Lied in einem der drei Bände in einer Ausgabe von 1845/46 in unserem Angebot. So gesellen sich noch weitere Augenblicke der Frühromantik bis zur Spätromantik in originalen oder auch späteren und illustrierten Ausgaben zu den handkolorierten Kupferstichen mit blauen Blumen aus dem Hortus Eystettensis und denen aus dem Garten der Maria Sibylla Merian.

Hier sei wieder der Wunsch nach Gesundheit geäußert und der Hinweis, dass trotz geschlossenen Ladentüren unser Versandservice weiterhin stattfindet.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Romantik-Museum & Blaue Hyazinthe. 2 Minuten, 4 Minuten, 6 Minuten, 8 Minuten, 10 Minuten und immer noch hat kein Fußgänger das Deutsche Romantik-Museum, das im Innenstadtbereich von Frankfurt liegt, passiert. Ein kurzes Gespräch über das neue Gebäude mit einem interessierten Passanten, einem Mitarbeiter aus dem nebenan liegenden Freien Deutschen Hochstift oder einem Ritter, einem modernen natürlich, war erhofft gewesen. Hinter der dunklen Scheibe des Eingangs bewegt sich jemand, vielleicht wird der Innenausbau fortgesetzt, denn eigentlich sollte das Museum in diesem Frühjahr eröffnet werden. Enttäuscht geht der Blick von dem rot-weißen Absperrzaun (ein unästhetisches Element aus Kunststoff, das für ein Foto gänzlich ungeeignet ist) vor dem Eingangsbereich über die fertig gestrichene helle Fassade mit Burgcharakter entlang, folgt einem Zickzackelement, bleibt an einer kleinen Fensterluke mit Fensterladen hängen, springt nach rechts zur angrenzenden Ziegelmauer des Goethe-Hauses und fliegt geschwind nach oben in das Blau des Himmels. Hier entfalten sich die Gedanken, die der Farbe folgen und von einer besonders blauen Hyazinthe im Bethmannpark angezogen werden. Wir können sie hier auf einem Foto bewundern und verbinden mit dieser blauen Blume unsere Hoffnungen, dass das Deutsche Romantik-Museum bald eröffnet wird, damit die Kultur in Frankfurt am Main weitere Blüten bilden kann.

Eine Mitgliedschaft im Freien Deutschen Hochstift können wir übrigens wärmstens empfehlen. Sie haben nicht nur die Möglichkeit zahlreiche Veranstaltungen vergünstigt, sondern auch das Goethe-Haus mit seinen 18 Zimmern, das Goethe-Museum mit seiner aufregenden Füssli-Sammlung und das vielversprechende Romantik-Museum frei zu besuchen.

DER GRÜNE FREITAG


Der grüne Freitag vereint Bücher und Grafik aus den Bereichen Literatur, Botanik, Kinderbuch, Zoologie, Topographie und als aktuelle frankfurterische Notiz folgt unserem Angebot das grüne, verführerisch schimmernde Olivenöl der Feinkosthändlerin Caterina Ferraro aus der Kleinmarkthalle in Frankfurt.

All die unterschiedlichen Grüntöne sehen wir geeint und doch in Material und Wirkung unterschiedlich. Während die Blätter der Zitronatzitrone in einem bläulichen Grün aquarelliert sind, kleidet das grüne Maroquin die Duineser Elegien elegant und zurückhaltend. Die Französische Reinette hingegen lockt den Apfelfreund mit seiner frischen Grünfärbung, die sich von einem kräftigen Lindgrün in ein dunkles Schattengrün bewegt. Und die Deckelvergoldung in Form von Linien, 4 Sternchen und dem dynamisch gezeichneten Pegasus auf dem ledernen Grün führt würdevoll in die Tragödie, die von Fritz von Unruh verfasst ist. Fröhlich und unbeeindruckt von der Tragödie springt aber der Grashüpfer von dem Illustrator Ernst Kreidolf über die Vorderseite des Pappeinbandes und möchte uns heiter in Erinnerung bleiben.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen alles Gute und verweisen auf unseren Versandservice, der weiterhin stattfindet.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Olivenöl & Grüne Soße. In der Kleinmarkthalle, eine Institution in der Frankfurter Innenstadt, verkauft Caterina Ferraro aus Kalabrien italienische Feinkost und das besonders ansprechende durchscheinend grüne Olivenöl. Das Dolce Vita, Stand 114-115, bietet nach wie vor - wie fast alle über 60 Kleinmarkthändler - seine Ware an, darunter die für die Stadt Frankfurt typische grüne Soße. Auch hier zwischen den Marktständen ist der Andrang zurückgegangen und doch spürt man nach wie vor das ganz besondere Flair der 1954 wieder aufgebauten Markthalle. Sogar die gerade 80 Jahre alt gewordene Frau Schreiber ("Wollen Sie Rinds- oder Schweinewurst?" Die Touristen, die sich normalerweise vor der schmalen Wurstausgabe schlängeln, werden nur ganz knapp befragt mit "Beef or porc?") steht am Espressotresen und lacht. Wir freuen uns, dass Caterina Ferraro sich bereit erklärt hat, von uns fotografieren zu lassen und wünschen ihr und ihren Kollegen alles Gute für die nächsten Wochen.

Hier sei nochmals angemerkt, dass die Kleinmarkthalle vorerst, mit einigen Einschränkungen, regulär geöffnet bleibt.

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