Anlässlich des expressionistischen Freitags möchten wir die Möglichkeit nutzen, einzelne Dichter zu Wort kommen zu lassen, damit wir ihre Lyrik besser verstehen. Natürlich handelt es sich um ein fiktives Gespräch, das im Bereich der Literatur erlaubt sein möge. Die Antworten sind ordentlich wiedergegebene Gedichtzitate aus den hier angebotenen Büchern.
Fragende Stimme:
Die Sonne taucht in der expressionistischen Lyrik immer wieder auf. In Umbra Vitae, den nachgelassenen Gedichten Georg Heyms, tost sie bereits 1912 ekstatisch. Alfred Lichtenstein hielt die rote Häusersonne nicht mehr aus. Anders bei Kurt Bock. Dessen erste Sonne ruft unruhvolles Leid tagtäglich im Wanderer wach. Bereits diese drei Beispiele zeigen ungewöhnliche Ausdrucksfähigkeiten. Noch drastischer, beinahe hoffnungslos und mitunter mit sezierendem Blick beschreibt der Arzt Gottfried Benn die Welt. Dessen Ikarus endet im Sturz der Sonnen-sonnen, o aller Sonnen ewiges Gefälle. Sie, Walter Rheiner, sind mit 19 Jahren gegen ihren Willen im Ersten Weltkrieg an die russische Front geordert worden. Sie wurden abhängig von Rauschgift und lebten in Berlin in Armut. 1918, dem Jahr zahlreicher Veröffentlichungen ihrer Gedichte, erscheint auch in der Reihe des Neuesten Gedicht ihre Insel der Seligen, in der die Sonne ...
Walter Rheiner (schaut durch seine Brille nach oben, etwas zittrig deklamierend):
Elektrisch lodert sie auf den Dächern, auf Haaren (magisch-wirr) der schwarzen Fee
Fragende Stimme (entzückt und empathisch):
Und auch das Geflüster naher Sterne vernahmen Sie. Ganz anders hat Herr Benn das Sternenfirmament gesehen …
Gottfried Benn (großer Kopf, Mundwinkel nach unten, beinahe misslaunisch aber bestimmt zornig ausrufend):
Finale! Huren! Grünspan der Gestirne!
Fragende Stimme (begeistert, wendet sich Else Lasker-Schüler zu, die bei den Worten Benns zusammengezuckt ist):
Else Lasker-Schüler, was meinen Sie?
Else Lasker-Schüler (mit einem glimmenden und einem verträumten Auge):
Sieh meine Farben,
Schwarz und stern.
Alfred Lichtenstein (ein junger Mann mit großen, fragenden Augen verneigt sich vor der Dichterin und trägt aus seinem Gedicht Mädchen vor):
Sie halten den Abend der Stuben nicht aus.
Sie schleichen in tiefe Sternstraßen hinaus.
Wie weich ist die Welt im Laternenwind!
Wie seltsam summend das Leben zerrinnt …
Und nochmals Else Lasker-Schüler (eine Träne im träumenden Auge):
Ich saß im Sternenmantel.
Fragende Stimme (bewegt und brüchig):
Herr Heym, Sie möchten etwas sagen?
Georg Heym (erst 25 Jahre jung, mit einem Wollschal und einem Paar Schlittschuhe über der Schulter):
Sie wandern durch die Nacht der Städte hin,
Die schwarz sich ducken unter ihrem Fuß.
Wie Schifferbärte stehen um ihr Kinn
Die Wolken schwarz vom Rauch und Kohlenruß.
Klabund (elegant, schlank, jung, hoher gestärkter Hemdkragen):
Der zinnoberblaue Schutzmann zerschmettert den Maßkrug aller Maßlosigkeiten
An der Siegessäule die sauberen Ladenmädchen
Gelächter Zackenbauch
Wandeln die Litfaßsäulen
Im Sternenzelt.
Fragende Stimme (schweigt vorerst nachsinnend und fährt schließlich fort):
Darf ich um ein Schlusswort bitten?
August Stramm (springt nach vorne und ruft):
Äste würgen
Fragende Stimme (nun nicht mehr fragend, sondern jubilierend):
Großartig, aus der Menscheitsdämmerung!
Nun gilt es den expressionistischen Schwung zu nutzen, um auf die Angebotsliste hinzuweisen, der die Notizen aus der Antiquariatswelt folgen, in denen gleich zwei Sofas vorgestellt werden.
ersehnt & begehrt In jedem Sammler steckt auch ein Jäger. Sammler handeln zielgerichtet und schnell, listig und in Härtefällen mitunter rücksichtslos, ihre Kondition ist stets trainiert, ihr Witterungsvermögen bestens ausgebildet, Informationen aus ihrem Revier - und erscheinen sie noch so unwichtig - werden von den Sammlern geradezu aufgesogen, das Sammlergedächtnis funktioniert fehlerfrei, Sammler scheuen keinerlei Mühen, um ihr nächstes Sammelobjekt zu ergattern und wenn sie reüssieren, durchfährt ein Empfinden wilder Freude ihren Körper. Mehr zu dieser schillernden Menschengattung werden wir im Rahmenprogramm der Antiquariatsmesse Stuttgart erfahren. Die Veranstaltungsreihe "Das rote Sofa" wird die Messe zu dem Thema "Sammeln - Eine Leidenschaft" mit drei Gesprächen begleiten. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Betätigung des Links: <link https: www.antiquariatsmesse-stuttgart.de de eine externe webseite in einem neuen>Das rote Sofa. Die Antiquariatsmesse wird vom 18.-22.2. wieder virtuell stattfinden. Zudem erscheint ein Katalog, der sowohl in gedruckter Form erscheinen als auch ab Ende Januar als Online-Version unter folgendem Link abrufbar sein wird: <link https: stuttgarter-antiquariatsmesse.de antiquaredigital default.asp eine externe webseite in einem neuen>Antiquariatsmesse Stuttgart. Sodenn möchten wir bescheiden auf ein Gespräch mit dem Titel <link file:192>Freitagsseite, Verband, Nachwuchs im Antiquariat hinweisen, das Björn Biester, der Herausgeber der Zeitschrift Aus dem Antiquariat, mit Sibylle Wieduwilt geführt hat. Das unten abgebildete Antiquariatssofa des Tresor am Römer verleitete die Inhaberin zu resümierenden Nachrichten des letzten Jahres aus der kleinen und großen Antiquariatswelt.
Die Angebotsliste vor den weihnachtlichen Festtagen ist wie im letzten Jahr streng thematisch gemischt. Zunächst möchten wir - mit der Überlegung das Traditionsessen von Würstchen mit Kartoffelsalat zu erweitern - den Weihnachtsspeisezettel aus dem Kochbüchlein für die Puppenküche empfehlen. Der Weihnachtsabend wird hier mit Schokoladensuppe, Eierkuchen und Äpfeln, Auflauf mit eingemachtem Obst oder Zucker und Zimt als auch mit Gemüse von Rosinen kulinarisch gefeiert. Danach werden gebackene Äpfelschnitze, geröstete Mandeln, Zitronenbrötchen und Kleienküchlein gereicht. Die Rezepte sind kinderleicht auszuführen und wir können sie mit gutem Gewissen auch Kochlaien empfehlen.
Der Puppenküchenpunsch hat den Vorteil, dass er den ganzen Tag getrunken werden kann, besteht er doch aus einem Mätzchen schwachen Tees, Zucker und Zitronensaft. Am ersten Weihnachtstag werden u.a. goldene Schnitten mit Högenmark oder Weinsoße aufgetragen - gefolgt von Kirchweihküchlein. Wer es etwas deftiger mag, kann sich auf den dritten Weihnachtsfeiertag freuen, an dem gebackene Fleischklöße mit dem vielgeliebten Kartoffelsalat aufgetischt werden. Weihnachtsbraten gibt es in der Puppenküche noch nicht, jedoch könnte das Hirschhörnchen eine vegetarische Alternative mit viel Zucker sein.
Gänzlich ohne Zucker, mit einfachen Formen und flächigen Farben, rhythmisch und balancierend, mit überlagerten Linien in Kaltnadelradierschwarz entfaltet Sonia Delaunay ihre künstlerischen Kräfte neben Versen von Tristan Tzara. Diese eindrucksvolle Künstlermappe mit acht ganzseitigen Farbradierungen zu elf Gedichten ist im Jahr 1961 in Paris entstanden. Tristan Tzara, der zusammen mit Hans Arp und Hugo Ball die Dada-Bewegung gegründet hat und später zu den Pariser Surrealisten Kontakt aufnahm, hat mit der vielseitigen Wahlfranzösin Sonia Delaunay bereits seit den frühen 20er Jahren eigensinnige Kunstwerke wie die Robes Poèmes, Gedichtkleider, geschaffen. Hierbei wurden Wörter und Verse des Dichters in Kleider eingewebt und wanderten somit über den Körper entlang. Die Radierungen für die vorliegende Mappe Juste présent zeugen von eindrucksvoller Form- und Farbsicherheit der Künstlerin, die ihr Leben lang mit Simultankontrasten experimentiert hat. Dissonanz und Harmonie werden auch hier spielerisch entfacht, besonders überzeugend im Original, nummeriert als auch signiert und heute in außergewöhnlicher Schönheit im Tresor am Römer präsentiert. In den Notizen aus Frankfurt am Ende der Angebotsliste stimmen wir heute passend zum vierten Advent ein fröhliches F an.
Frohlockende Flora im Festtagsfenster Während die Floristin Frau Escanecrabe uns die zum Verkauf stehenden Blumen vorstellt, bindet sie gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin unermüdlich kleine Weihnachtssträuße. 850 Stück müssen heute am Freitag frisch gebunden geliefert werden. Bei Blumen am Dom, ein Familienbetrieb mit inzwischen zwei Filialen hier in der Braubachstraße, kaufen auch wir regelmäßig Antiquariatspflanzen, die zur Weihnachtszeit im Schaufenster um die Gunst der Vorbeischlendernden buhlen. Der Weihnachtsstern oder die Euphorbia pulcherrima, deren Name ihre Schönheit bestätigt, kann ihrerseits das Straßengeschehen wahrnehmen, das derzeitig auch von dem unweit stattfindenden Weihnachtsmarkt bestimmt wird. So fühlt sie sich betrachtet von Punschtrinkenden, Wurstessenden, Geschenksuchenden, Bummelnden, Verträumten, Lächelnden, Anwohnern, Blumenliebhabern, Museumsbesuchern, Auf-die-Tram-Wartenden, von dem italienischen Briefträger, von Frau Escanecrabe, Frau Wieduwilt und Frau Seuss, dem Rahmenmacher, Buchliebhabern, Buchkäufern und dem langbeinigen Donatus vom Rühlskopf, dem Deutsch Drahthaar von gegenüber. Für unsere auswärtigen Kunden haben wir ein Foto von einem der beiden Weihnachtsfenster mit zwei unserer Antiquariatsweihnachtssterne aufgenommen - farblich und inhaltlich abgestimmt mit dem Rot der Weihnachtsapfelketten und dem hellblau kolorierten Himmel des Kupferstiches vom heiteren Wintertreiben auf dem Frankfurter Liebfrauenberg.
Es gab Zeiten, in denen man Bücher über Trachten, Sitten und Bräuche derart aufwendig gestaltet hat, als würden sie auf einem rauschenden Fest der Ästhetik präsentiert werden. Das vierbändige Werk Moeurs, usages et costumes de tous les peuples du monde ... von Auguste Wahlen gehört zu diesen Büchern. William Foyle, einer der "führenden Buchhändler des 20.Jahrhunderts in London", ließ sich verzaubern von den Farben und Materialien der in Brüssel erschienenen Ausgabe und klebte - vermutlich in seiner Privatbibliothek in Beeleigh Abbey - ein elegantes, weinrotes Ex-Libris-Schildchen mit goldener Schrift animo et fide auf das marmorierte Vorsatzpapier aller vier erworbenen Bände. Diese gehörten hiermit fortan in eine der berühmtesten und wertvollsten Privatbibliotheken, die im Jahre 2000 bei Christie's unter Beobachtung von Buchkennern und Sammlern aus aller Welt versteigert wurde. Heute bietet der Tresor am Römer genau diese Exemplare der ersten Ausgabe in prächtiger Ausstattung an. Der Autor, Auguste Wahlen, hat seine Texte und Zahlen nach authentischen Dokumenten und jüngsten Reiseberichten zusammengestellt, so dass in den Jahren 1843-44 Trachten und Gebräuche der Völker aus Asien, Ozeanien, Afrika-Amerika und Europa die Augen der Leser entzücken und den Verstand ebendieser erhellen konnten.
Dieses Werk wurde splendid mit 4 kolorierten Titelvignetten und 211 Holzstichtafeln versehen, und zwar von Hand mit leuchtenden Farben und mit äußerster Sorgfalt koloriert. Damit die Leser einen Eindruck von den Illustrationen bekommen, haben wir ein reizvoll befedertes Mädchen der Insel Madison, eine rauchende Dame der Insel Guham sowie den furchteinflößenden und tätowierten Krieger von Noukahiwa gebeten, für den Text zu posieren. Allerdings müssen wir eingestehen, dass die Farbkraft der Originale nicht adäquat wiedergegeben werden konnte. Der imposante Herr von Noukahiwa, der sich heute extra mit einem Kopfschmuck aus Walfischenzähnen bedeckt hat, demonstriert uns hier frank und frei seine Wurfnuss, die er mit Genauigkeit und erstaunlicher Flugweite einzusetzen versteht. Eigenheiten und Geheimnisse der beiden Ozeanierinnen möchte der Eingeborene an dieser Stelle allerdings nicht verraten, denn diese mögen vorerst zwischen den vergoldeten, mit Steh- als auch Innenkantenvergoldung verzierten und mit Leder überzogenen Buchdeckeln für den zukünftigen Besitzer verwahrt bleiben. Er lächelt, spielt an seiner Muschelkette und schaukelt mit seinem Wurfgeschoss. Wie könnten wir seinem Wunsch nicht entsprechen?
Einen Blick auf die anderen angebotenen, mitunter sehr interessanten Bücher begrüßt er und verweist mit Nachdruck auf die Notizen aus Frankfurt, in denen es merkwürdige Dinge zu lesen gebe. Nun jedoch möchte er sich mit der Frau von Guham zurückziehen, um ein Pfeifchen zu rauchen und einen Kawa zu trinken - ein rein pflanzliches Getränk, das angenehm berauschend wirken kann.
Känguruleder & Squashy Foldable Hats "Und was sind squashy foldable hats?", fragen wir den Besitzer des Australien Shops, als er uns sein Sortiment vorstellt. Kaum haben wir die Frage gestellt, hat Herr Horn auch schon den Lederhut klein geknautscht und in einen Stoffbeutel gehüllt. Diese Falttechnik sei nicht nur für das Reisen, sondern auch für das alltägliche und nicht nur das australische Leben geeignet. Den Knautschhut gibt es in Känguru- und Rindsleder. Ersteres ist etwas dünner als zweiteres, weich und strapazierfähig und eignet sich deswegen auch gut für die Boots von R.M.Williams, die Ernst-Albrecht Horn zusammen mit seiner Frau Frauke seit Ende 2004 in der Berliner Straße 33 - nur ein Kängurusprung von hier - anbietet. Sodenn gibt es australisches Bier, Wein, Didgeridoos, Wachsmäntel, Gürtel, Süßigkeiten und andere Lebensmittel. Und was könnte in dem Gefrierschrank, der auf dem unteren Foto zu sehen ist, liegen? "Kängurusteak!" Es habe wenig Fett und sei geschmacklich zwischen Wild- und Rindsfleisch einzuordnen. Krokodilsfleisch sei momentan nicht im Angebot. In diesen gesundheitlich unsicheren Zeiten möchten wir noch auf den berühmt-berüchtigten Brotaufstrich Vegemite hinweisen. Australier schwärmen mitunter für ihn und wollen auch im Ausland nicht auf ihren Aufstrich, proudly made in Australia since 1923, verzichten. Er enthält besonders viel Vitamin B for Vitality und der Geschmack ist ... australisch.
Erlesene Einbände verführen zum Anfassen, Streicheln, auch zum Horchen und zum Liebäugeln. Die Hand des einen Kunden streicht zart über die glatte Kalbslederoberfläche der Sonette an Orpheus von Rainer Maria Rilke, die des anderen erkundet tastend die unregelmäßige Oberflächenstruktur des Maroquinleders der Florentiner Ausgabe von Das Nordlicht des Autors Theodor Däubler. Schließen werden auf- und zugemacht. Klick, klack. Die Fingerspitzen des Zeige- und Mittelfingers fahren über die ziselierten Eckbeschläge, die Prägungen, den Perlmuttbesatz und den roten Zierstein aus Glas. Gleich beide Daumen gehen eine Streichelbeziehung mit dem ovalen Relief aus Schildpatt ein und, um den köstlichen Schimmer der Muster des gepunzten Goldschnittes zu genießen, wird das Andachtsbuch im Licht hin- und herbewegt.
Wohlig warme Töne wandern wiederholt durch den Tresor am Römer. Wie zur Prüfung lässt der Sammler den ersten der drei jeweils 700 Seiten starken Bände sanft auf die anderen beiden fallen. Er, der Sammelnde, lächelt. Der Wohlklang entsteht durch die von Hübel und Denck in samtiges Maroquinleder eingebundenen Werke des Miguel de Cervantes. Der Sachsenspiegel in 460 Jahre altem Schweinsleder auf Holzdeckeln klingt eben anders.
Kreisrunde, nachtblaue Intarsien, begleitet von ockerfarbigen millimeterkleinen Rauten passgenau eingebettet in ein dunkles Indigo umschmeicheln das Auge. Nicht nur die technische Präzision, mit der der Meistereinband des Franzosen Louis Gilbert gefertigt ist, überzeugt die Sinne, sondern auch die ästhetische Sicherheit und der gestalterische Mut führen den Leser glücklich über zwei Vorsatzpaare aus kobaltblauem Seidenmoiré, königlich edel, und aus handgeschöpftem Marmorpapier, poetisch verführend, hinein in die Rôtisserie de la Reine Pédauque von Anatole France.
Und was könnte diese reich bordürte, querformatige Kassette bergen? Unter Glas ein Kupferstich mit einer Landschaft, beruhigt durch Baumesgrün, belebt durch einen Fluss, in der drei Damen in griechischen Gewändern, als wären sie die drei Grazien, ein Blumengebinde gemeinsam betrachten. Glanzpapier in hellem Kadmiumrot ist gesäumt von goldenen Bordüren und leuchtet kräftig, anstatt einen Titel preiszugeben. Letztendlich verraten uns die zahlreichen Indizien, dass es sich um ein Album Amicorum mit Freundschaftsblättern handelt, darunter auch 14 gestochene und kolorierte Freundschaftsgaben. Weitere Liebhaberobjekte präsentieren sich in der folgenden Angebotsliste, und in den anschließenden Notizen aus Frankfurt widmen wir uns einer schmückenden Bedeckung für das menschliche Haupt.
Mit Buch und Hut in den Herbst So wie der Einband das Buch schützt und schmückt, so tut es der Hut auf dem Kopf des Menschen. Glücklicherweise gibt es unweit des Tresor am Römer den Hutsalon Coy, der sich seit der Rekonstruktion der neuen Altstadt am Markt 38 befindet. Dort werden vor allem selbstmodellierte Hüte angeboten, die auch von der Ladeninhaberin und Modistin Cornelia Plotzki hergestellt werden. Für das Foto zeigt uns die frohgemute Hutverkäuferin Valentina zwei rote Filzstumpen, die später über ein handgeschnitztes Holzmodell gelegt und dann von Hand und mit Hilfe von Wasserdampf geformt werden. Sollte der Kundin die Form des Glockenhutes zusagen, nicht jedoch die tannengrüne Filzfarbe, so fertigt die Modistin die Cloche auch in einem strahlenden Ahornblätterrot. Und sollte die Form des kecken Glockenhutes nicht gefallen, mögen sodenn der lässige Schlapphut, der jugendlich wirkende Aufschlaghut oder die krempenlose Wollfilzkappe als Kopfbedeckung dienen. Von dem Hutformenreichtum begeistert, können wir schließlich feststellen, dass es für jeden Kopf einen passenden Hut wie auch ein passendes Buch gibt.
Jede Gesamtausgabe muss zahlreiche Fragen beantworten können: Bist Du eine kritische Werkausgabe? [wie die hier angebotenen Sämmtliche Schriften von G.E.Lessing, 1853-57], Oder bist Du eine neue vermehrte Ausgabe? [wie Sämmtliche Schriften von F.W.Gleim aus dem Jahre 1770], Bist Du auch die einzig rechtmäßige Original-Ausgabe? [wie die Werke von Johann Winkelmann, 1847], Du bist doch wohl die wichtige erste Werkausgabe! [wie die unten folgende Hölderlin-Ausgabe von 1846], Bist Du vielleicht ein seltener unrechtmäßiger Nachdruck? [wie Der Kinderfreund von 1818].
Und weiter: Bist Du die erste Ausgabe dieser Zusammenstellung? [siehe auch die angebotenen Goethes Gespräche in 10 Bänden, herausgegeben von Woldemar Freiherr von Biedermann, 1889-1896], Ist die deutsche Gesamtausgabe auch einheitlich übersetzt? [die deutsche Gesamtausgabe von August Strindberg ist einheitlich verdeutscht von Emil Schering, nicht aber die Sämtliche(n) Werke von Henrik Ibsen, die jedoch auch von dem jungen Dichter Christian Morgenstern übertragen sind, und der mit seiner Übersetzung eine Original-Dichtung geschaffen hat und deshalb zu empfehlen ist], Verfügst Du über einen Index? [so wie die Chronique de 1831 à 1862, die Lebenserinnerungen der Duchesse de Dino], Bist du eine historisch kritische Ausgabe? [so nämlich die von Richard Maria Werner besorgten Sämmtliche Werke des Autors Friedrich Hebbel]. Verfügst Du über bisher ungedrucktes Material? [eindeutig bejahend zu beantworten für die von Waldemar Oehlke herausgegebenen Sämtliche Werke von Bettina von Arnim]. Und dies sind nur die inhaltlich zu beachtenden Fragen. Desweiteren gibt es ästhetische Anforderungen:
Du beinhaltest doch wohl ein Porträt des Autors?, Sind Deine Einbände dekorativ?, Sind Deine Bände einheitlich gebunden? [wie zahlreiche Exemplare der heutigen Angebotsliste], Verfügst Du vielleicht sogar über Illustrationen? [die Oeuvres complètes illustrées von Anatole France, 1925, reich illustriert von verschiedenen Illustratoren], Die typographische Gestaltung hat der Autor wohl auch gebilligt? [wie Rainer Maria Rilke seine sechsbändige Ausgabe im Insel Verlag], Die Typographie ist gut lesbar, in einem kräftigen Schwarz gedruckt und auch das Papier von guter Qualität? [die Musarionausgabe von Friedrich Nietzsche liest sich köstlich auf holzfreiem Papier], Bist Du in einem guten Zustand? [Ja!].
In den anschließenden Notizen aus Frankfurt schildern wir Eindrücke von Kunden des Tresor am Römer über das jüngst eröffnete Romantik Museum. Angemerkt sei nur noch, dass Der mehrbändige Freitag von einer mehrköpfigen Tierschar aus Oeuvres complètes illustrées von Anatole France begleitet wird.
Romantik Museum hinter mehrteiliger Fassade Zitronengelb wie der Buchschnitt der oben angebotenen Gesammelte Werke von Joseph von Eichendorff erstrahlt ein Teil der Fassade des neu eröffneten Romantik Museums. Kunden des Tresor am Römer berichten uns bereits begeistert von zarten Handschriften, die tatsächlich im Original gezeigt werden. Ebenso wird von einer Himmelstreppe berichtet, deren Aufstieg unendlich erscheinen soll und den Besucher doch eher als vermutet ankommen lässt, wenn nicht im Himmel so doch im 3.Stockwerk. Beim Abstieg, erzählt eine Kundin schaudernd, näherte sie sich sodenn schneller als erwartet der imaginären Gegenwelt des Himmels, nämlich der Hölle, die aufgrund des Dante-Jahres unsere Vorstellungen begleitet. Doch im Erdgeschoss, beruhigt uns wiederum die Hinabgestiegene, versicherte ihr eine Männerstimme in einer dunklen Ecke, dass hinter der alten Brandmauer nicht das Inferno wüte, sondern das nach dem Krieg wiederaufgebaute Elternhaus des Autors Johann Wolfgang von Goethe stehe. Dort verkehre zwar bekanntlich Mephistopheles, aber dieser hätte schließlich zum göttlichen Geschehen einen direkten Draht. Wer der Dunkelmann in der Ecke war, haben wir zwar nicht erfahren, jedoch geistert eine Ahnung durch unsere Phantasievorstellung.