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FOTOGRAFIE AM FREITAG


So ein Lederfotoalbum mit goldenen eingeprägten Lettern und aufkaschierten Albuminabzügen im Innern strahlt eine besonders intensive Atmosphäre aus. Warmtonig, rotbraun oder gegilbt erscheinen Menschen am Hafen von Marseille, die Bootssegel in Cannes, die Laternen in Monte-Carlo, die Felsen von Monacco als auch die verblassende Dame mit Sonnenschirm, die tatsächlich durch das Bad in der Silbernitratlösung eine Erscheinung geworden ist. Eine schwebende Erscheinung in Albumingelb ist auch der liegende Hund oder das in einer vergangenen Welt sitzende Herrchen. Dieses besondere Gelb ist durch den Schwefel entstanden, der sich im Eiweiß oder eben im Albumin befindet und mit der Silbernitratlösung reagiert hat. Fast alle diese Aufnahmen sind von unterschiedlichen Berufsfotografen angefertigt, häufig mit dem Fotografennamen versehen und in wuchtigen Alben montiert worden.  


Der Fotograf Jean Giletta hat den Karneval in Nizza als Motiv gewählt und die fröhliche Pappmachéfigur - begleitet von Tausenden von karnevalsbereiten Feiernden - abgelichtet. Die bewegungsfreudigen Karnevalisten sind zumeist scharf abgebildet, was nicht selbstverständlich war, stellte die Bewegungsunschärfe doch aufgrund der Lichtunempfindlichkeit der chemischen Emulsionen einige Jahre zuvor noch ein Problem für jeden Fotografen dar. In dem Florentiner Fotoalbum von Giacomo Brogi, datiert auf circa 1880, sehen wir deswegen entweder menschenleere öffentliche Plätze oder vehuschte Körper neben bewegungslos posierenden Gebäuden und Kunstwerken aus Marmor. Der Wahlrömer James Anderson soll für die Aufnahmen von Skulpturen in dunklen Kirchenecken oder Ölbildern an düsteren Vatikanwänden mitunter Belichtungszeiten von mehreren Stunden benötigt haben. Er und sein Sohn Domenico haben sodann geschäftstüchtig ihre Aufnahmen über eine Buchhandlung an der Piazza di Spagna und diese ins Ausland bis in die Vereinigten Staaten vertrieben. So konnte das riesige Gemälde der Trasfigurazione von Raffael ebenso im fernen Indiana an der Universität Notre-Dame von bildhungrigen Kunstprofessoren bewundert werden. Auch der deutsche Fotograf Alfred Noack aus Dresden ging nach Rom und einige Jahre später - 1860 - nach Genua, um dort fortan als Alfredo Noack Fotografien der ligurischen Küste anzubieten, die besonders gut bei Touristen ankamen. Man liest sogar, dass er auf diese Weise die italienische Riviera erfunden habe. Den Frankfurter Georg Sommer zog es im gleichen Jahr wie seinen sächsischen Kollegen nach Rom; er eröffnete dann in Neapel sein Fotostudio als Giorgio Sommer, von wo aus er Italien mit seiner großen Plattenkamera bereiste. Seine Fotografien des rauchenden Vesuvs, der palmengesäumten Piazza Vittoria in Neapel, aber auch der Isola Bella am Lago Maggiore und der Gotthardbahn nährten so die Erinnerungen der ehemaligen Reisenden und die Neugierde der Daheimgebliebenden.

Erweitert haben wir unser Angebot durch zwei Titel über Optik, durch Glasplatten für die Laterna Magica mit dem Struwwelpeter und einige Guckkastenblätter, die wir mitunter etwas verwirrt betrachten, da der Abdruck seitenverkehrt ist. Hergestellt wurden diese ausschließlich in London, Bassano, Paris und Augsburg - Ende des 18. bis Anfang des 19.Jahrhunderts - um vorzugsweise auf Jahrmärkten von sogenannten Guckkastenmännern, angeblich Kriegsinvalide oder arbeitslose Seeräuber, mit Hilfe von Licht und Linsen nicht nur farbig sondern auch effektreich präsentiert zu werden. Für die Notizen aus Frankfurt sind wir mit unserer Handtaschenkamera lediglich einige Treppenstufen nach oben galoppiert, wo sich das zu empfehlende Fotografie Forum Frankfurt mit einer unlängst neu eröffneten Ausstellung befindet.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

FFF in der Braubachstraße 30-32 Über dem Antiquariat Tresor am Römer befinden sich die Ausstellungsräume des Vereins Fotografie Forum Frankfurt, kurz FFF. Das FFF wurde 1984 gegründet und bietet den Fotofans gemeinnützig und unabhängig nicht nur regelmäßig Ausstellungen sondern auch Symposien, Buchpublikationen, Vorträge und Kurse an. Nicht zu übersehen sind die Ferienkurse für Kinder und Jugendliche. Diese strömen dann mit Kameras vom FFF aus und suchen in der Stadt Motive, die sie als fotografiewürdig erachten. Mitunter kommt es auch vor, dass ein Knirps mit Finger am Auslöser in der Tür des Antiquariats steht und auf unsere Füße zielt oder das Buchschaufenster als fotogen einstuft. Mit einer Träne der Rührung blicken wir den fidelen und entdeckungsfreudigen Kleinen dann hinterher und beklatschen das fruchtbare Engagement des FFF. Jüngst eröffnet wurde die Ausstellung einer finnischen Fotokünstlerin mit dem Titel In Reference to a sunny place. Elina Brotherus fungiert als Fotografin und zugleich als Motiv ihrer Fotos, die häufig Bildwerke zitieren. Und so erkennen wir auch im Aufbauchaos sogleich den Wanderer wieder, der um 1818 von Caspar David Friedrich auf dem Felsen vor dem Nebelmeer gemalt wurde. Warum die finnische Künstlerin Bezug auf dieses Ölgemälde nimmt, kann man vielleicht im Galeriegespräch erfahren, das am Samstag, den 10.September 2022 um 15 Uhr stattfindet. Weitere Informationen zum FFF und dessen Programm finden Sie unter folgendem Link: <link https: www.fffrankfurt.org eine externe webseite in einem neuen>FFF

THEATER AM FREITAG

 

Ein Kriminalbühnenspiel.

Vorhang auf.

Auf der Bühne stehen Regale mit Büchern, eine Glasvitrine und ein Schreibtisch, an dem eine als Antiquarin verkleidete Fälscherin sitzt. Mit Federkiel schreibt sie in ein Buch. Sie wendet die Seite, betrachtet das Titelblatt und das Frontispiz des Buches und schreibt weiter. Die Türglocke des Antiquariats bimmelt. Ein Dieb, verkleidet als Buchliebhaber des gehobenen Bürgertums, betritt die Bühne. Er trägt ein Sakko aus feinem Tuch, darüber einen weiten Mantel mit Diebestaschen im Futter.


Fälscherin (setzt schnell eine große Brille auf, steckt einen Bleistift hinter das Ohr und springt auf): Was kann ich für Sie tun?

Dieb: Ich suche wertvolle signierte Ausgaben.

Fälscherin: Da sind Sie bei mir richtig. (lächelt maliziös) Sehen Sie hier. Eine Liebeswidmung des Autors. Anno 1783. Jüngst reingekommen. (sie hält ihm das Buch von ihrem Schreibtisch entgegen)

Dieb (entziffert laut): Meiner Sonnenblume, meiner Sonne hinter den Wolken [Punkt. Punkt. Punkt.] meiner Elsbeth [Ausrufezeichen] Lebe [Ausrufezeichen] denn sterben würde ich für Dich [Punkt] Dein Held Johann C. von Z. (Dieb blättert um und guckt ungläubig) Der Autor … Johann Christoph von Zabuesnig …

Fälscherin: Ein eher unbekannter Autor, jedoch von Rang. Dies ist ein Buch für … Kenner! (Sie fixiert den Dieb ernst durch die Brillengläser, sehr ernst.) Bitte beachten Sie die intelligente Umsetzung der Elemente des Titelkupfers in die lebendige Sprache der Leidenschaft. (Sie tippt mit dem Zeigefinger auf die Illustration) Man nennt dies sprachliche Rückverwandlung einer gezeichneten Allegorie. (Brillenblick)

Dieb (schaut auf die Sonnenblume der Titelei und nestelt an seiner Knopflochrose): Ihr Kopf hängt.

Fälscherin: Wegen der Rauchwolke vor der Sonne.

Dieb (liest): Ein ritterlich National-Trauerspiel.

Fälscherin: Die Besitzerin und Geliebte muss den Band Tag und Nacht bei sich getragen haben. Schauen Sie hier … (wendet das geschlossene Buch hin und her) Glücklicherweise ist das Äußere nie restauriert worden. Alles Indizien der Liebe: starke Gebrauchsspuren am Einband.

Dieb (spielt in der Diebestasche mit dem versteckten Porzellanhündchen, das er im Antiquitätengeschäft nebenan hat mitgehenlassen und betrachtet den angerissenen Papierbezug): Ja, wenn Sie es so sagen. Eine interessante Ausgabe. (hüstelt und tastet mit seinen Augen gierig die ausgestellten Bücher in der Glasvitrine ab). Haben Sie auch einen signierten Goethe?

Fälscherin: Natürlich! (Scheinwerferlicht auf ein Buch in der Vitrine auf der linken Seite) Und hier ein Shakespeare mit Widmung an die schwarze Dame. (Scheinwerferlicht auf die rechte Seite)

Dieb (nickt anerkennend): Und Schiller? ...

In diesem Moment schnellt die Ladentür auf. Ein Polizist springt auf die Bühne; dahinter die Antiquitätenhändlerin, die auf den Dieb zeigt.


Szenenwechsel.

Fälscherin (schreibt - inspiriert durch die vorhergehende Begegnung - in ein weiteres Buch und liest laut vor): Oh Du meine Geliebte [Ausrufezeichen] Wärest Du doch mein Porzellanhündchen in meiner Diebestasche, wärest Du doch meine Knopflochrose in meinem Diebesmantel [Ausrufezeichen] Rauben, rauben würde ich Dich doch zu gerne [Ausrufezeichen] Immer Dein Räuber Friedrich S.

Vorhang fällt. Vorhang geht auf. Die Fälscherin und der Dieb kommen unter anhaltendem Applaus auf die Bühne gelaufen, halten sich an den Händen, verneigen sich.


Dem kurzen Theaterstück, das natürlich frei erfunden ist, folgt unser Angebot zum Thema Theater, Tragödien, Komödien und Schauspielkunst. Das bereits erwähnte National-Trauerspiel von Johann Christoph von Zabuesnig macht den Anfang der Liste – leider ohne Widmung aber dafür ganz ungefälscht. Und um ein Kriminalfernsehstück, für das der Tresor am Römer in Szene gesetzt worden ist, geht es heute in den Notizen aus Frankfurt.


ZABUESNIG, Johann Christoph von.
Elsbeth, oder der Frauenraub; ein ritterlich National-Trauerspiel in fünf Aufzügen. Augsburg, beim Verfasser, 1783. 8°. Gestochenes Frontispiz, 2 nn. Bl., 106 S. Halbleder der Zeit mit Rückenschildern und Rückenvergoldung, (stärker beschabt, unteres und oberes Kapital mit Fehlstellen, Deckelbezug teils abgeplatzt). €180,00

Angebunden:
TÖRRING-SEEFELD, Klement G.v. Der Theure Ring. Ein Lustspiel in vier Aufzügen. München, Strobl, 1783. 144 S.
ECKARTSHAUSEN, Karl von. Liebrecht und Hörwald, oder: so geht's zuweilen auf dem Lande. Ein Schauspiel in drei Aufzügen bearbeitet nach Shakespear. München, Strobl, 1783. 4 nn. Bl., 104 S.
Sammelband mit drei Stücken bayerischer Bühnendichter. 1) vgl. Goed. V, 362, 41 (Prag 1785); 2) Erste Ausgabe. - Goed. V, 358, 16, 6; 3) vgl. Goed. V, 360, 28, 3 (Ausgabe Grätz). - Das Frontispiz wurde von und nach G(ottlieb) F(riedrich) Riedel gestochen (Thieme/B.28, 316 ff.). - Gering stockfleckig, Name auf fliegendem Vorsatz.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

"Wegen Dreharbeiten geschlossen"  Für unsere Ladenkunden ist der Tresor am Römer auf dem Foto kaum wiederzuerkennen, denn in dem Geschäft sind Dreharbeiten mit zeitweise über 20 Filmteammitarbeitern für ein kriminalistisches Fernsehspiel gemacht worden: Ein Fall für Zwei. Da es sich bei dem aktuellen Toten der ZDF-Serie um einen Archäologen handeln soll - soviel dürfen wir wohl schon verraten - führen die Ermittlungswege auch in ein Antiquariat und Antiquitätengeschäft. Um eben diese Rolle übernehmen zu können, wurde der Tresor am Römer passend umgestaltet. Nach einem Tag der Umbauarbeiten - getätigt durch ein lautloses, zumeist zweiköpfiges Team - fanden wir uns wieder zwischen Kerzenleuchtern, gehalten von grimmigen Greifen, zwischen Vasen, verziert mit hellenistischen und vor allem muskulösen Herren, Visitenkarten mit dem Aufdruck Antiquariat Elke Rühl, ägyptischen Pharaonen, die weise vor einem Bronzeapoll und einer Kopie des berühmten David aus glasiertem Gips lächeln, einem Grammophon, mehreren asiatischen Porzellangefäßen zweifelhaften Alters, robusten Transportkisten aus Übersee sowie massigen Möbelstücken aus dunklem Palisanderholz flankiert von einer Holzstele in barocker Fülle aus der Gründerzeit unter einer mingähnlichen Vase. Ob diese Vase, die Hirschfigur, die afrikanische Maske mit dem runden Umbramund oder doch die extrem verschlungenen Kamasutrafiguren den Fall für Zwei ins Rollen bringen werden, ist für uns noch nicht zu entschlüsseln. Auch die Polizei ist vorgefahren, Beamte sind in den Laden gestürmt und haben so die Braubachstraße in Aufregung versetzt. Wir hoffen, dass das Geschäft im Film keine zwielichtige Hehler- oder sogar Mörderhöhle unterhalten hat und freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass der Tresor am Römer inzwischen wieder geöffnet ist: ohne Hehlerware, ohne Tote, ohne Gips-David.

VORSATZPAPIERE VOR OSTERN


Die Welt der Vorsatzpapiere ist derartig vielfältig, dass wir in unserer Angebotsliste ein Sammelsurium zusammenstellen konnten, das vielerlei Techniken von Buntpapieren vorstellt. Rechts sehen wir eines von besonderer Anziehungskraft in Kamm-Marmor [aus: Voltaire, F.M.A. de. Elémens de la philosophie de Neuton. Amsterdam, J. Desbordes, 1738], ein Tunkpapier, das der Gattung des Türkisch Papier angehört und in Persien sowie der Türkei in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts in hoher Blüte stand. Künstlerisch hochwertige Papiere dieser Art sind im 17. und 18. Jahrhundert von französischen Buchbindern hergestellt worden. Um den Interessierten die ausgeklügelte Art der Herstellung vorzustellen, folgt hier ein gekürztes Rezept:


Man nehme eine Ochsengalle, möglichst frisch vom Schlachter, und schlitze sie auf. Der Inhalt möge in einem Gefäß mit reinem Alkohol vermischt werden und einen Monat reifen. Sodenn koche man Charragheenmoos und Borax in Wasser
und möge die Brühe filtern. Füge Farben hinzu, aber nimm möglichst keine Erdfarben, diese sind zu schwer und sinken ab. Gib zu den Farben etwas Ochsengalle und die Farbe wird sich ausbreiten. Mit einem Kamm lässt sich vorzüglich ein Muster formen und dann tunke das Papier, das mit Alaunlösung gebeizt ist, vorsichtig und möglichst flach in die Flüssigkeit mit den gekämmten Farben, welche an der Oberfläche des Papieres haften bleiben... für Blüten-Marmor nehme Nadeln, für Pfauen-Marmor empfiehlt sich eine Pipette zu verwenden, für Schneckenmarmor [links aus: Jonston, Joh. Historiae naturalis de Insectis Libri III, de Serpentibus et Draconibus Libri II. Amsterdam, Schipper, 1657] ein Stäbchen ...


Zur Rechten schimmert ein Ornament von Akanthusblättern aus Bronzefirnis, gedruckt auf mehrfarbigem Kleisterpapier. Dieses prächtige Buntpapier wurde für die sogenannte Kurfürstenbibel in Folioformat verwendet, gedruckt 1720, also justament in dem Zeitabschnitt, als der Bronzefirnisdruck in künstlerischer und technischer Blüte stand. Dieses Druckverfahren, so lesen wir es in einschlägiger Fachliteratur, ist mit vielerei Schwierigkeiten konfrontiert. Konsistenz der Bronzefarbe, Viskosität, Temperatur, Stärke des Aufdrucks müssen stimmen, um das Muster sauber wiederzugeben und um auch auf dem biegsamen Flattervorsatz haften zu bleiben. Erstmals ist das Bronzefirnispapier umfänglich ab ungefähr 1695 in Augsburg hergestellt worden.


Zudem haben wir noch ein geblümtes Vorsatzpapier [Morgenstern, Christian. Klein Irmchen. Berlin, Bruno Cassirer, 1921] ausgewählt, das unsere Sehnsucht nach Frühlingsbotanik verrät. Das Muster ist mit Hilfe der eher seltenen Pochoir-Technik (Schablonendruck) ausgeführt worden und verführt nicht nur durch die einfachen schnörkellosen Formen, sondern auch durch die Intensität der aufliegenden Farben, die eine sehr feine Oberflächentextur bilden. Leider ist diese auf unserer Abbildung nicht sichtbar. Dieses Exemplar, so empfehlen wir dringendst, sollte als Original in den Händen liegen, um dessen Reize zu empfangen. Weiterhin bieten wir Bücher mit Vorsatzpapieren in einfacher Kleistertechnik [Christlicher Seelen-Schatz Außerlesener Gebetter. (Bonn, Fabion, 1729)] oder Kleisterpapier in Herrnhuter Manier [Tägliche Andachts-Uebungen, zum Gebrauch Ihro Kaiserlichen Majestät der Königinn zu Hungarn und Böheim. Wien, Trattner, 1769], mit Kattunpapier [Bligh, William. Reise in das Südmeer ..., Wien, Schrämbl, 1793), Moiréepapier und andere Prägepapiere [Nadosy, Alexander von. Equitations-Studien. Wien, Gerold's Sohn, 1855], Steinmarmorpapier [Südöstlicher Bildersaal. Stuttgart, Hallberger, 1840-1841], zahlreiche illustrierte Vorsätze, ein signiertes Vorsatzpapier [Grieshaber, Hap. Herzauge. München, Parabel Verlag, 1969] sowie ein aufwendiges in Paris gebundenes Exemplar mit doppelten Vorsätzen an [Fance, Anatole. La Rôtisserie de la Reine Pédauque. Paris, Simon Kra, 1925]. Weitere von Hand gefertigte Buntpapiere stellen wir in unseren Notizen unterhalb der Angebotsliste vor – diese heute jedoch nicht aus Frankfurt, sondern aus Bamberg, wo eine Buntpapiermacherin lebt – eine der wenigen, die den Beruf noch ausübt.

NOTIZEN AUS BAMBERG

Buntpapierne Lebensfreude & Doppelter Wolkenschlag Die manuelle Herstellung von Buntpapier ist inzwischen eine Rarität geworden. In Bamberg, ebenso eine Stadt des Mains, arbeitet und lebt eine der wenigen Buntpapiermacherinnen Deutschlands. Ulrike Eleonore Grießmayr fertigt Buntpapier in unterschiedlichen Techniken wie Sprenkelpapier, gestrichenes Papier, Abklatschpapier und auch die für uns interessanten Kleisterpapiere nach historischen Vorbildern: gestrichenes Kleisterpapier, geädertes Kleisterpapier, Kleisterpapier nach Herrnhuter Art, Wolkenkleister u.a. Auf der Abbildung unten rechts sind vier Kleisterpapier aus eigenem Sortiment zu sehen. Das Foto oben stellt die Werkstatt mit sichtbaren Druckmodeln aus Holz und Rollen mit Mustern, Farbpigmente, eine Farbrolle und der Werkstatt-Apotheke im Hintergrund vor. Auffällig ist vor allem die Freude, mit der die Kunst- und Handwerkerin ihre Arbeit tätigt und auf uns - auch via Buntpapiere - überträgt. Weitere Informationen über die Herstellung mit historischen und Beispielen aus der eigenen Produktion sowie Kontaktdaten finden Sie hier: Buntpapiere von Ulrike Eleonore Grießmayr Der poetisch klingende Doppelte Wolkenschlag ist übrigens ein Muster, das mit dem Daumen in die Kleisterfarbe drehend gewischt wird und von den Herrnhuter Schwestern besonders wolkig ausgeführt, vermutlich sogar singend erfunden wurde.

AUS LUFTIGEN UND FERNEN HÖHEN AM FREITAG

 

Neben Astronomen, Astronauten, Flugkapitänen und Vögeln erweitern zahlreiche Himmels-, Stern- und Mondgucker in Literatur und Poesie das derzeitige Freitagsthema. Goethes Stella verführt uns bereits durch ihren Namen in erdferne Sphären. Die drei Hauptprotagonisten des Stückes verfolgten die rettende Idee einer Doppelehe, die aus ihrer Liebesmisere herausgeführt hätte. Diese jedoch rüttelte an gesellschaftlichen Moralvorstellungen und konnte sich nach einer Textänderung durch den Autor für Stella nicht erfüllen. Es ward ein Trauerspiel, in dem sie vergeblich ihrer Sehnsucht Ausdruck verleiht und verzweifelt deklariert, sie müsste dem Drang der Liebe nachgeben und aus diesem heraus den Mond herunterziehen. Die natürliche Tochter, ebenso von Goethe verfasst, blickt starr zum Himmel, blickt verwirrt umher und der trübe Sinn des Herzogs erzeugt nur Wolken. Wir ahnen, auch dies ist ein Trauerspiel, in dem sich Lügengespinste um eine uneheliche Tochter bilden. C.F.D. Schubart dichtete für seine Todesgedanken im Frühling 1767 erstaunlich luftig-leicht Seht nun auf ihre Blicke / Dahin, wo mein Glücke / Aus den Wolken lacht. / Dort auf jenem Sterne / wohin ich einst, und lerne ...


In Himmel und Erde des Romantikers Lord Byron begegnen wir dem verbotenen Flug der beiden Erzengel mit zwei Menschentöchtern in den Weltraum, um sie vor dem Strafgericht zu bewahren. Im geistlichen Morgenlied, das von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau 1717 dargeboten wurde, wird der Schöpfer direkt angesungen, um mit Geistes Schwingen die Wolken durchzubringen. So kann ich Adler sein. Euphorion hingegen möchte im zweiten Teil von Faust fliegen Gönnt mir den Flug!, stürzt aber in die Tiefe. Und in Shakespeares Sommernachtstraum gibt es besonders zahlreiche Flugbewegungen. So tanzen die Elfen Bohnenblüte, Spinnweb, Motte, Senfsamen sowie der Elfe Droll durch des Zauberwalds Lüfte, ein Aktör der Handwerkstruppe spielt den Mondschein, Fledermäuse werden gejagt und die Elfenkönigin Titania verliebt sich nach einem Zauber in Zettel, der justament ein Vogelliedchen trällert. Zu dieser gewitzten Wald-Luft-Komödie passen auch die 48 Tafeln mit lithographierten Papageien von Charles de Souancé. Jeder einzelne dieser kolorierten Vögel leuchtet und schillert, als wäre er von William Shakespeare erfunden worden. Selbst die mitteleuropäischen Fiedergenossen, links und rechts vom Text, posieren in besonders stolzer Vogelhaltung für unser luftiges Angebotssammelsurium.

In den Notizen aus Frankfurt, die sich dem Angebot thematisch anschließen, beschreiben wir unseren Frankfurter Ausflug, der bis in den Himmel führte.

 

NOTIZEN AUS FRANKFURT

In den Himmel und zurück Um heute am Freitag passend zu unserem Thema die Vogelperspektive einzunehmen, laufen wir kurzentschlossen und energiegeladen zum unweit gelegenen Kaiserdom St.Bartholomäus. Der Domturm sei erst seit Februar wieder geöffnet, informiert uns die Domturmkassiererin und inspiziert unsere Impfausweise. Wie hoch der Domturm sei, fragen wir. Bis zur Spitze 95 Meter und 328 Treppenstufen seien zu bewältigen, antwortet sie. Wir mustern unsere für eine Domturmbesteigung eigentlich ungeeigneten hochhackigen Schuhe und beginnen trotz der Widrigkeiten den Aufstieg. Auf der engen Turmtreppe begegnen wir zuerst zwei Asiaten, die uns Mut zusprechen, danach einer vielköpfigen amerikanischen Familie, an der wir uns in einem noch engeren Treppenabschnitt vorbeiquetschen. Zuletzt lernen wir - bereits etwas kurzatmig - einen der Restauratoren kennen, der gerade hungrig in Richtung Mittagstisch absteigt. Auf dem Rundgang der Ausblicksplattform pressen wir uns mit dem Rücken an die Turmwand, an der eingeritzte Namen und Jahreszahlen zu lesen sind. Das Datum 3.5.1945, also kurz vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, betrachten wir heute sicherlich nachdrücklicher, als wir es vor über drei Wochen getan hätten. Hoffnungsfroh verweilen wir noch einen Moment mit Blick in die Ferne und machen ein Foto mit leicht zittrigen Knien, auf dem Ortskundige östlich von der Paulskirche auch das Dach des Gebäudes erkennen, in dem sich der Tresor am Römer befindet. Der Kupferstich nach Salomon Kleiner von 1747 zeigt die Domlaterne in einem eigentlich unvollendetem Zustand. Doch nach dem Dombrand 1867 - ausgelöst durch eine Kerze und zwei angeheiterte Bewohnerinnen des 3.Stockwerks in der Fahrgasse 21- wurde sie endlich nach den mittelalterlichen Plänen von Madern Gerthener errichtet und präsentiert sich auch heute noch in dieser Form. Abschließend möchten wir noch berichten, dass der Aufstieg zum Himmel nicht so anstrengend ist wie der Abstieg. Frauen wissen warum, denn die sind dem Himmel sowieso näher - auch wegen der hohen Schuhabsätze.

MESSEVERGNÜGEN AM FREITAG

 

Die unnachahmliche Atmosphäre der Antiquariatsmesse wird uns auch dieses Jahr fehlen. Kein Papierrascheln, keine Gespräche, kein Spurt bei Messeeröffnung zum begehrten Sammelobjekt, kein Blickkontakt mit dem Antiquar, kein Händedruck zum Abschluss eines Geschäfts, kein lauwarmes Würstchen im Messebistro, kein gemeinsames Anstoßen, keine Berührungen zwischen Menschen und Büchern, kein Klatsch, keine Neuigkeiten, keine schmerzenden Messebeine, kein Lachen, kein stetes Gesprächsgemurmel in den Räumen des Kunstvereins. So bleibt uns heute das Vergnügen das Messegefühl zu simulieren, indem wir mit Worten rascheln und mit Abbildungen das Gemüt berühren. Vielleicht verweilt unser Blick derzeitig umso bedürftiger auf den warmtonigen Photographien, die uns die Amalfiküste und den qualmenden Vesuv hinter einer Pinie besonders stimmungsvoll darbieten. Oder wir fixieren noch intensiver die eigentlich unansehnlichen aber lebensverkündenden Larven und Raupen, die ihre Metamorphose schließlich als farbschillernde Schmetterlinge feiern. Möglicherweise verfängt sich unser suchender Blick zudem in dem bizarren Stillleben menschlicher Organe und Blutgefäße, flankiert von possierlichen Skeletten, die die Opera Omnia des niederländischen Anatoms und Botanikers Frederik Ruysch illustrieren.

Auch wäre ein Zwiegespräch mit den beiden Fledermäusen möglich, die original gouachiert als geschützte Tiere durch das Messeangebot flattern, und übermütig könnte man das freche Grinsen der beiden erwidern – es sieht uns ja doch niemand hinter unserem Computer. Sehnsüchtig wird sicherlich ebenso das ägyptische Kamel im Oriental Album bestaunt werden, das uns an ferne Reisen erinnert.


Wie wir uns heute Morgen einen Zipfel Messegefühl erhascht haben, beschreiben wir in den Notizen aus Frankfurt, die nach dem Messeangebot folgen. Es kann sogar sein, dass der eine oder andere Leser Appetit bekommt.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Messewürstchenersatz & Elton-John-Sammlung Vor Messebeginn haben wir uns in die Warteschlange vor dem Stand der Frau Schreiber in der Kleinmarkthalle - unweit der Braubachstraße - eingereiht, ein Rindswürstchen erstanden und schließlich verzehrt. Mit Hilfe des Würstchengeschmacks und des Würstchengeruchs im Treiben der Marktbesucher hat uns die Antiquariatsmesse atmosphärisch gestreift. Während wir kauten und unsere Mäntel mit Senf bekleckerten, konnten wir uns zudem über ein Gedicht von Friedrich Stoltze amüsieren, das am Würstchenstand in einem Rahmen auszugsweise präsentiert wird. Un de Ratsherrn un die Richter, / Un die Maler und die Dichter, / Komponiste, Schornaliste, / Apedheker un Drogiste, / Un Student un Komedjant / Frißt sei Wörschtsche aus der Hand. Und tatsächlich haben wir in der Warteschlange Menschen aller Arten und Schichten entdeckt. Frau Schreiber, eine regionale Berühmtheit von über 80 Jahren, wird auch liebevoll Wurst-Ilse von den Frankfurtern genannt. Sie bietet Fleischwurst mit und ohne Knoblauch an, Rindswurst, Gelbwurst und Krakauer. Kundenwünsche erfragt sie im Frankfurter Dialekt, Japaner - die in diesen Zeiten jedoch eher selten anreisen - spricht sie auf Englisch an. Mit gut gefüllten Mägen und Frankfurter Singsang im Ohr sind wir wieder in den Tresor am Römer gelaufen, um nun angeregt auf das letzte Gespräch der Veranstaltungsreihe Das rote Sofa hinzuweisen. Am 21.Februar 2022 um 19 Uhr wird Sibylle Wieduwilt die Verleihung des Preises für junge Sammler moderieren. Preisträgerin ist eine Studentin, die ihre Elton-John-Sammlung (in Selbstdarstellung und Rezeption aus den Jahren 1970-72) mit gut überlegter Beharrlichkeit und Begeisterung zusammengetragen hat. Noch drei weitere Gäste werden im darauffolgenden Gespräch über das Thema Sammeln online diskutieren. Sollten Sie sich für das Thema interessieren, können Sie sich kostenlos als Zuschauer unter folgendem Link registrieren:<link https: us02web.zoom.us webinar register wn_gnceenmysaujuowkcf8rbg eine externe webseite in einem neuen> Preisverleihung. Um 12 Uhr heute Mittag wird endlich die Antiquariatsmesse Stuttgart eröffnet, die man unter diesem Link besuchen kann: <link https: www.antiquariatsmesse-stuttgart.de antiquaredigital default.php eine externe webseite in einem neuen>Antiquariatsmesse Stuttgart. De Vorhang uff! Bravo! Bravo! Bravo!

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