Die diesjährigen Dezemberlichter mögen die Bücher der folgenden Angebotsliste ausreichend erhellen, um die belebende Wirkung, die die Themenvielfalt, wie sie bereits von den variantenreichen und wandelbaren Figuren des Walter Trier angekündigt wird, auf sich wirken zu lassen. Der tränenreiche Glitzer der zweiten Auflage der Leiden des jungen Werthers wird uns sentimental stimmen, das Seelenleid und das Ende des traurigen Helden vielleicht sogar bestürzen. Hingegen die Suche von Peter und Liesel nach dem Christkind im Münchener Weihnachts-Kalender ist von Josef Mauder so fröhlich, ja, drollig gezeichnet, dass wir in mildem wie in heiterem Wohlbefinden in Richtung Weihnachten steuern können. Und blättern wir in der Mappe Rues et Visages de New-York, stoßen wir zwischen den 15 handkolorierten Originalradierungen von Chas Laborde auch auf einen figurengewitzten Heilsarmeechor, der unsere Stimmung in Schwung trällert.
Verwirrung stiften könnte das Leben des fräuleinhaften Ritters Charles-Genevieve Louis-Auguste d'Eon de Beaumont, dessen Geschlechtsverwandlung sich vorteilhaft auf seine Tätigkeit als Spion ausgewirkt haben mag, ist er doch bis zur russischen Zarin vorgedrungen. Ob er dies als Mann oder als Fräulein vermochte, möchten wir hier noch nicht verraten. Doch wer sich für sein schillerndes Leben interessiert, könnte die vorweihnachtlichen Lektürestunden mit der ersten deutschen Ausgabe von 1779 verbringen. Wahre Freude verbreiten die Quite Crazy People von Walter Trier, die sich durch ihre Dreiteilung in 8192 Personen verwandeln können. So führt uns Tom Saywer im Rock der Fairy Queen als auch mit Zwergenlaterne durch das Freitagsangebot und Humpty Dumpty hat seinen Eierkopf mit dem eines Harlekins getauscht. Von dieser Trier'schen Heiterkeit werden wir auf den Weihnachtsmarkt von Frankfurt getrieben und frohlocken am Stand, der uns die Notizen aus Frankfurt am Ende der Angebotsliste versüßen wird.
Dreierlei Weihnachtsmarzipan Umgeben von vielerlei Ständen des Weihnachtsmarktes und umhüllt von einer Wurstduftwolke haben wir uns aus dem Antiquariat heraus und in die Menschenmasse hinein gewagt, um unseren Lieblingsstand mit unserer liebsten Weihnachtssüßigkeit zu fotografieren. Dieser Stand der Konditorei Keth befindet sich gleich in unserer Nähe vor dem Kunstverein unweit des Römerberges. Dort gibt es die Frankfurter Bethmännchen. Außerheimischen wird diese kleine Köstlichkeit vielleicht nicht bekannt sein, obwohl sie anlässlich des Fürstentages im Jahre 1863 auf einer Soirée von Moritz von Bethmann bei den fürstlichen, bürgermeisternden und sogar kaiserlichen Gästen Begeisterung hervorgerufen haben soll. Der Marzipangeschmack mit einer Rosennote ruft mitunter sogar bei durch Niedereggermarzipan verwöhnten Lübeckern entzückte Laute hervor und sein Äußeres mit den drei Mandelhälften ist so einfach wie prägnant. Schöpfer war der französische Chef de Cuisine der Frankfurter Familie Bethmann. Jean Jacques Gautenier hat für jedes der vier Kinder der Familie eine Mandelhälfte zur Verzierung verwendet - als ein Kind starb, schmückte er die kleinen Bethmänner fortan mit nur noch mit drei Hälften. "Hätschelhans" Goethe hat sich übrigens gerne von seiner Mutter die Frankfurter Brenten schicken lassen, die dem hungrigen Betrachter links auf dem Foto zuwinken. Sie werden auch aus Marzipanmasse aber ohne Rosenwasser zubereitet. Die Kethmännchen aus Pistazienmarzipan sind eine jüngere Kreation der Feinbäckerei Keth, die dieses Jahr mit drei Ständen und seit weit über 30 Jahren auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt vertreten ist. Auf dem Römerberg dreht und dreht sich das nostalgische Karussell mit ängstlich weinenden, überdreht schreienden und glückselig lachenden Kindern auf festlich geschmückten weißen Pferdchen. Es erinnert uns an das Karussell-Gedicht von Rainer Maria Rilke, dessen spektakulärer Nachlassankauf die Welt der Literatur kürzlich in freudige Aufregung versetzt hat. In dieser, ja, fast taumelnden Stimmung drehen wir uns weiter bis in das neue Jahr hinein - mit dreierlei erworbenem Marzipankonfekt.
Selbst wenn der Thesenanschlag am letzten Tag des Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg ein Mythos wäre, tönt das Einschlagen des Nagels, der das Papier mit den 95 Thesen befestigte, bis heute. Begleitet also von dem rhythmischen Hämmern offerieren wir unseren Kunden Lutherdrucke, Lutherbibeln, evangelische Gesangbücher und andere durch die Reformation beeinflusste Schriften. Aufmerksame Listenleser werden wiederholt auf den Namen Lucas Cranach stoßen. Cranach der Ältere, der Luthers lieber Gevatter und Freund war, besaß als sein alleiniger Porträtist die Exklusivrechte. Der Porträtholzschnitt, der den unten aufgeführten Titel Uon der Babilonischen gefengknuß der Kirchen illustriert, wurde nach einem Kupferstich von Lucas Cranach noch im selben Jahr 1520 von Hans Baldung Grien in Holz geschnitten. Und tatsächlich handelt es sich bei diesem Martin Luther als Augustinermönch um das erste Porträt, das von ihm gefertigt wurde, nämlich in jener Zeit, als er als Rebell und Ketzer einer drohenden Verbannung entgegensah. Im darauffolgenden Jahr reiste er nach Worms und schrieb Cranach auf der Rückreise von Frankfurt aus, dass er untertauchen wolle. Im Dezember 1521, die Zeit in der er mit der Neuübersetzung des Neuen Testaments begann, reiste er als Junker Jörg heimlich von der Wartburg nach Wittenberg, wo Cranach ihn mit Einsiedler- und Tarnbart malte. Und bereits im September 1522 erschien die erste Auflage des Newe Testament Deůtzsch, drei Monate später die verbesserte Auflage. Präsentieren können wir in unserer bescheidenen Liste aus diesen prallen Jahren allein sechs Veröffentlichungen - neben weiteren aus späteren Jahren - von Martin Luther. Sie unterstreichen wie rasant und unmittelbar die revolutionären Ereignisse jener Zeit vorangebracht wurden.
Der kecke Engel und der ruhende Hirsch stammen ebenso aus der Werkstatt von Lucas Cranach und beleben die Titelseite für eine Veröffentlichung von 1524 - Luther predigte zu diesem Zeitpunkt wieder in Wittenberg - in der er die Vorstellung äußerte, im Gottesdienst möge gesungen werden. Auch wollt ich / das wir viel deutscher geseng hetten / die das volck unter der Meßs süng [...] Wie fruchtbar seine Idee war, wissen nicht nur praktizierende und vor allem singende Gläubige der evangelischen Kirche. Umfangreiche Liedersammelsurien aus unterschiedlichen Regionen hüllen sich mitunter in wertvolle Gewänder und gesellen sich in unserer Angebotsliste zu den Lutherschriften. Gesungen hat Martin Luther auch in Frankfurt, wo er genächtigt hat, als er nach Worms fuhr. Überlieferungen zu dem Abend und was von der Herberge Zum Strauss übriggeblieben ist, haben wir für die Notizen aus Frankfurt fröhlich trällernd aufnotiert, fotografiert und in rastlosem Tun für den Abschluss unserer Lutherliste zusammengestellt.
Orpheus aus Wittenberg & der tunesische Strauß Den Frankfurtern war die Existenz des Vogelstrauß im 16.Jahrhundert wohlbekannt, denn die Herberge, in der Luther auf dem Weg nach Worms nächtigte, hieß Zum Strauss. Vermutlich hat der Besitzer Wolf Bronner seinen Gasthof zwischen 1512 und 1519 nach dem auffälligen Vogelvieh benannt, das Frankfurt bereits im Jahre 1450 einen Besuch abgestattet haben soll. 1558, am Wahltag des neuen Kaisers Ferdinand, kam der zweite Strauß in die Stadt am Main, der - so ward es beschrieben - vor lauter Appetit und vielleicht sogar vor übermütiger Freude den Kindern die Kränzlein aus Blumen, Federn und Messing vom Kopf weggefressen haben soll. Der dritte Strauß reiste 1577 in die Krönungsstadt, wo er einen bleibenden Eindruck hinterließ, denn das Ganzkörperporträt, das fortan das Haus Zum Strauß zierte, wurde mit folgenden Zeilen überschrieben: Ein Strauss war anderthalb Jahr alt,/ an Grösse und Form gleich dieser Gestalt, / von Tunis in Barbarien Land, / ward uns Anno 1577 bekannt. Inzwischen können wir den eindrucksvollen Vogel, von jüngerer Hand im Jahr 1973 erneut gemalt, an der Mauer des ehemaligen Bethmann-Bankhauses mit langen Beinen entlang stolzieren sehen; fast genau dort, wo die Herberge vor ihrem Abriss Ende des 19.Jahrhunderts stand. Luther kam am 14.April 1521 in seiner Kutsche nach Frankfurt am Main, stieg Zum Strauss ab, ließ am Abend seine Laute in hellen Tönen erklingen und sang mit seiner sonoren Stimme "wie ein gewisser Orpheus, geschoren in der Kapuze" dazu, lästerte sein Gegner Johannes Cochläus und hinterlässt bei uns ein ungewöhnliches Bild des Reformators.
Nachtrag: Die Quelle, derer wir uns für all diese Informationen bedient haben, ist ein Beitrag von G.E.Steitz, den er für das Neujahrsblatt des Vereins für Geschichte und Altertum zu Frankfurt am 1.Januar 1861 darbrachte. Denn mit fremden Federn schmücken wir uns nicht, vor allem nicht mit denen unseres prächtigen Straußes aus Tunis, der unweit vom Tresor am Römer stetig unser vogelfreundliches Herz erfreut.
Mit Blick auf das heutige Thema nutzen wir die Gelegenheit, um auf einen Frankfurter Medicus aufmerksam zu machen. Doktor als auch Hofrath Peter Pasquay wurde 1719 in Frankfurt am Main als Kind einer wohlhabenden mit Tuch und Seide handelnden Familie geboren, studierte sicherlich fleißig an der Universität von Leiden Medizin, wurde im Jahre 1745 promoviert und wohnte nach Rückkehr in seine Heimatstadt als praktischer Arzt vorerst im Weißen Hirschen, der hier erwähnt wird, da dieser im wohlbekannten Großen Hirschgraben zu finden war. Bereits im Alter von 28 Jahren wird eine Untersuchung von ihm in bescheidener anonymer Autorschaft veröffentlicht, die ein wichtiges Dokument der Historie für die öffentliche Gesundheitspflege in Frankfurt im 18.Jahrhundert darstellt. Auf 136 Seiten und übertitelt mit Gründliche Abhandlung von dem Gehalt und denen Eigenschaften der Gemeinen Wassern überhaupt, ins besondere aber derer fürnehmsten in der Stadt Frankfurt am Mayn befindlichen Röhr- und Brunnen-Wassern.... liefert er eine Analyse des Frankfurter Brunnenwassers, die mitunter als besonders exakt und wissenschaftlich für die damalige Zeit hervorgehoben wird. Nicht nur erfährt der naturwissenschaftlich interessierte Leser die Ergebnisse des Wissenschaftlers, sondern er entnimmt der Abhandlung auch die Methoden, die angewandt wurden. Im zweiten Teil sind zudem Wasseranalysen aus Wiesbaden, Soden, Seltz, Dietz, Schwalbach und anderen Orten der Frankfurter Umgebung zu finden. Diese rare bei uns im Angebot befindliche Veröffentlichung lässt das universale Interesse des jungen Mediziners erkennen. Dieses war zwar typisch für die Zeit der Aufklärung und doch erstaunt es uns heute immer wieder.
Zudem konnten wir von dem Medizinhistoriker Wilhelm Kallmorgen erfahren, dass Peter Pasquay den enormen Betrag von 16.000 Gulden für ein Stipendium stiftete (ein Gerichtsschreiber verdiente 300 Gulden im Jahr, ein Student hätte hierfür 400 Bauernpferde kaufen oder ungefähr 100 Jahre lang in Kost und Logie leben können), eine umfangreiche naturwissenschaftliche Bibliothek sowie eine Kupferstichsammlung von 700 Blättern mit Medizinerporträts besaß. Besonders bewundernswert und von herausragender Güte muss die Pasquay'sche Mineraliensammlung gewesen sein. Johann Wolfgang Goethe erwähnt sie in seinem Tagebuch nach einer Besichtigung 1797 in Tübingen. Denn 1777, nach dem Tode des Frankfurter Arztes, Wissenschaftlers und Sammlers wurde sein Naturalienkabinett in einem 500 Seiten starken Katalog aufgelistet und von der Witwe, unterstützt von dem Bruder des Verstorbenen, zum Verkauf angeboten. Diese Sammlung, die sich durch Umfang und Qualität auszeichnete, befand sich in dessen Wohnhaus in der Zeil neben dem Roten Haus, wurde von Professor Gottlieb Storr aus Tübingen komplett erworben und ist heute glücklicherweise als ein Teil des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart zu besichtigen, bedauerlicherweise aber nicht in Frankfurt geblieben.
Vorgestellt sein möchten auch die vorbildlich mit Verbänden umwickelten Herren. Diese, so wirkt es, sind ebenso erfreut über die Universalgelehrtheit ihrer Zeit. Sie dienten als Modelle für die Veranschaulichung von Verbandstechniken in dem Hauptwerk Institutiones Chirurgicae ... von dem ebenfalls in Frankfurt geborenen Lorenz Heister, das 1750 in der zweiten Ausgabe in Amsterdam mit 40 anschaulichen Kupfertafeln gedruckt wurde und als eine der Höhepunkte der wissenschaftlichen Chirurgie angesehen werden kann.
Damit unsere sogenannte und nach obigem Lorenz benannte Heister-Klappe nach wie vor gut in Form bleibt, möchten wir in den Notizen aus Frankfurt auf das Reformhaus hier in der Braubachstraße verweisen. Welche heisterklappenfreundlichen oder zumindest gallenfreundlichen Nahrungsmittel dort angeboten werden, erfahren Sie im Anschluss unserer sorgfältig chronologisch geordneten Angebotsliste.
Germanische Venus empfiehlt Gallentee am Freitag Das Frankfurter Reformhaus Freya wurde vor 112 Jahren von Willy Croy und Max Kessel gegründet und bediente vor allem Anhänger der damaligen Lebensreform mit vegetarischen Produkten. Heute, inzwischen der Reformhaus Herrmann GmbH zugehörig, gibt es über zehn Filialen in Frankfurt und Umgebung, darunter eine in der Braubachstraße und somit in der Nachbarschaft des Tresor am Römer. Freya ist die germanische Göttin der Liebe, unter anderem, und fliegt gerne durch die Lüfte - geschmückt mit einem von Zwergen geschmiedeten Halsband auf einem von Waldkatzen gezogenen Wagen, beschwingt durch ein Falkengewand. Der Wochentagsname Freitag, der ja Liebesgöttinnentag ist, lässt sich übrigens von der Göttin Freya ableiten, so eine umstrittene These. Unumstritten ist jedenfalls, dass auf dem oberen Foto der Reformhausmitarbeiter Andreas Eisenbach zu sehen ist. Er hütet und verkauft u.a. gesunde Lebensmittel und Kosmetikprodukte, für deren Herstellung keine unschuldigen Waldkatzen oder schlimmstenfalls Zwerge geopfert wurden. Das hiesige Freya-Sortiment wurde zudem für die heißhungrigen Braubachstraßenbewohner und die schnellhungrigen Braubachstraßenerwerbstätigen mit Spinat-Quiche und Linsenbratlingen erweitert (unteres Foto). Um wieder an das Thema des medizinischen Freitags anzuschließen, verweisen wir und Herr Eisenbach auf die zahlreichen Tees (Hintergrund oberes Foto), die Erkältungen lindern, Harnblasen besänftigen, die Verdauung vorantreiben und - dies wird Lorenz Heister und eventuell auch alle Heister-Klappen erfreuen - die Gallentätigkeit fördern.
Für den juristischen Freitag, an dem Recht und Gesetz walten mögen, haben wir einen Rechtsfall konstruiert, den wir anhand der uns zur Verfügung und den Interessenten zum Kauf stehenden Fachliteratur lösen möchten. Eine junge Ehefrau (dynamischer Typus, sportlich, sympathisch) wurde von ihrem eigenen Ehemann (dickliche Gestalt, unangenehm, Griesgram) angezeigt. Sie hat ihn einen Vielfraß genannt und ist lachend mit dem Pferd namens Fadi (Vollblutaraber, temperamentvoll, glänzendes Fell in Hellbraun) davongaloppiert. Nach ihrem Ausflug werden ihr Beleidigung, Entführung und zudem Diebstahl zur Last gelegt und sie muss sich vor Gericht verteidigen. Hier ein Ausschnitt:
Anwalt des Ehemannes: Euer Ehren! Nicht nur hat dieses Weibsbild (er zeigt mit dem Index auf die Angeklagte) meinen Mandanten beleidigt, das gemeinsame Pferd entführt, nein! sie musste ja auch noch eine Forelle aus dem Bach stehlen! Ich beantrage als Strafe für diese Tat 3 Schilling gemäß des Sachsenspiegels von 1561, Zweites Buch, Artikel 28.
Angeklagte hebt den Arm, Richter signalisiert ihr, sich zu äußern.
Angeklagte: Euer Ehren ... (bescheidener Gesichtsausdruck) ... ich möchte erklären, dass es sich bei der Fischentnahme nicht um eine Dieberei handelt, sah ich doch wie ein kleines Fischerboot durch eine Welle bewegt hin- und herschwankte. Der Fischer warf seinen Fang vor Schreck über Bord, den ich sodann erhaschte und so berufe ich mich ebenfalls auf den Sachsenspiegel von 1561 auf Artikel 29 des Zweiten Buches.
Rascheln. Der Richter blättert flugs in seinem Sachsenspiegel (ein begehrenswertes Exemplar von 1561, um das ihn seine Richterkollegen beneiden! Es handelt sich um die zweite der berühmten Zobelschen Ausgabe. Widerstandsfähiges Schweinsleder der Zeit über Holzdeckeln auf 4 Bünden mit 2 Schließen)
Anwalt des Ehemannes: Jedoch(!) wollte der Fischer bei nachlassendem Wellengang die Forellen wieder einfischen, doch nun fehlte eine! Deswegen! (triumphierend hebt er nun mit seiner Linken einen schmaleren Folioband empor (Halbpergament mit Marmorpapier), mit der Rechten einen weiteren (signalrot eingefärbtes Pergament) fordere ich gemäß der Bambergischen Peinlichen Halßgerichts-Ordnung von 1543 und! von 1694 gemäß Artikel cli: Diebstahl! Tod mit dem Schwert!
Der Überraschungscoup zeigt Wirkung. Aufgeregtes Geraune, Gemurmel, Entsetzen strömt aus den Zuschauerreihen. Die Gerichtsjournalisten machen hastig Notizen.
Angeklagte: Causa non finita est! (tätschelt das anregende Vocabularium iuris in zwei Bänden von Vicat, das sie im Antiquariat gekauft hat und nicht mehr missen möchte) Müssen wir nicht zuerst nach dem Besitztum des Wassers im Allgemeinen fragen: quid regum est? (die Angeklagte hält ebenfalls zwei Bände in die Höhe ... es handelt sich um Jacob Grimms Deutsche Rechtsalterthümer - ein Grundlagenwerk zur historischen Betrachtung des deutschen Rechts) Außerdem möchte ich den Richter um Milderung des Urteils bitten, da es vielmehr ein Mundraub war. So steht es geschrieben im Sachsenspiegel. (sie zeigt auf den prächtigen Band auf dem Richtertisch) Die sogleich über einem Lagerfeuer geräucherte und verzehrte Forelle diente der Notnährung. Fadi speiste einen saftigen Apfel und eine wohlgeformte Birne, die ...
Anwalt des Ehemannes (in Rage mit roten Flecken im Gesicht): Schuldig ist also auch der Vollblutaraber. Auch Fadi ist ein Dieb!
Aufgrund dieser dreisten Behauptung, die jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt - so glaubt es jedenfalls die Pferdeliebhaberin - schwingt sich ebendiese über den Angeklagetisch, stolziert selbstbewusst und erhobenen Hauptes vor den Anwalt und wirft ihm einen ihrer Lederhandschuhe (in provozierendem Rot) vor die Füße. Die Zuhörer halten die Luft an. Der Anwalt schaut mit säuerlicher Anwaltsmiene auf den effektvoll hingeworfenen Handschuh. Der Richter zeigt ein Lächeln, verbirgt dieses aber schnellstens wieder und vergisst sogar zur Ruhe zu mahnen.
Angeklagte: Ich empfehle Ihnen ... (sie blickt verächtlich den Anwalt ihres Ehemannes an) ... zur Information das Grundlagenwerk von Jacob Grimm, Stichwort "Handschuh", "Fehde", "Zweikampf", "duellum", "Verleumdung" oder einfach "Flegel"! (sie voltiert elegant, wedelt lässig mit dem anderen Handschuh und setzt sich wieder)
Es folgt hektisches Papierrascheln. Der Richter blättert erneut im Sachsenspiegel, der Anwalt im Grimm, die Angeklagte studiert das Register des Laienspiegels, eines der bedeutendsten Rechtsbücher der frühen Neuzeit, und stößt plötzlich einen kleinen Jubelschrei aus ... hier pausiert unser spektakuläres Gerichtsverfahren und wird voraussichtlich zum nächsten juristischen Freitag fortgesetzt. Vor der Angeklagten liegt übrigens eine Birne, passend zur Jahreszeit und vermutlich ein Beweisstück eines weiteren frechen Mundraubaktes. Doch dies bleibt vorerst eine Mutmaßung aus der Braubachstraße. Unterhalb des umfangreichen Angebotes zum Thema Recht, das nicht nur das Interesse der Juristen wecken könnte, sondern auch das von Einbandliebhabern, wird zudem - wir freuen uns sehr - ein justament erschienenes Buch über die Braubachstraße und ihre inzwischen dem Wasser entwöhnten Lebewesen vorgestellt.
Über der einstigen Braubach ... befindet sich auch der Tresor am Römer, nämlich in der zentral gelegenen Braubachstraße. Regelmäßig kommen bei uns verschiedene Stadtführer mit ihrer Gruppe vorbei. Dagmar Priepke, Autorin des kürzlich erschienenen Buches Die Braubachstraße, führt neugierige Menschen vor allem durch ebendiese unsere Straße. In dem Buch werden die Historie, Eigenarten und Besonderheiten aber vor allem das gegenwärtige Gesicht der Straße beschrieben, ja begeistert beschrieben. Wir erfahren nicht nur die Länge der Braubachstraße (302 Meter), die Zahl der Gebäude (33), der Anwohner (circa 280) und andere Fakten, sondern es werden auch fast alle Geschäfte sowie Einrichtungen mit Haut und Haaren porträtiert. Dagmar Priepke, die hier regelmäßig Frauen-Touren, Historische Frauen-Touren, Essen und Trinken-Touren, Frankforterisch-Touren und Kunst-Touren anbietet, konnten wir kürzlich auf einer ihrer Entdeckungstouren stoppen, damit sie drei Fragen für uns beantwortet:
Was macht die Braubachstraße so besonders?
Dagmar Priepke: Die Braubachstraße ist eine internationale Straße. Man denke an Kultur-Institutionen wie das MMK (Museum für Moderne Kunst), an das Fotografie Forum, an die Buchmesse, an den Verein Litprom und an die Galerie Anita Beckers. Diese internationale Ausrichtung unterscheidet die Straße elementar von anderen ebenfalls interessanten Straßen in Frankfurt. Dazu kommt - dass in der Braubachstraße besonders viele Frauen als Geschäftsinhaberinnen, Stiftungsleiterinnen, Galeristinnen usf gestalten und wirken. Es sind weit über zwanzig und das ist beachtlich viel und hat sicherlich seine Wirkung. Überhaupt ist der Mix - wohnen, leben, arbeiten, Kunst, Kultur, Gastronomie, Kurioses - sehr spannend. Und nicht zu vergessen, es gibt eine Vielzahl an sozialen Betrieben….. und - das ist eine der Thesen meines Buches: es sind die Menschen, die eine Straße sind - in der Braubachstraße sind supertolle Akteure zusammen gekommen. Es sind großartige Menschen in dieser Straße!
Du hast 12 Jahre lang in der nachbarlichen Heussenstamm Galerie gearbeitet und seit 3 Jahren bietest Du hier Führungen an. Wie hat sich die Straße in dieser Zeit verändert?
Dagmar Priepke: Ich kenne ja die Braubachstraße schon seit den 1970er Jahren genauer. Damals wohnte ich um die Ecke und das Technische Rathaus wurde gerade eröffnet. Nun ist es wieder abgerissen. Die Straße ist - vor allem in den letzten etwa 15 Jahren - jünger und lebendiger geworden. Einen großen Anteil daran hat sicherlich, die seit 2012 eröffnete Margarete, die ein echter urbaner Hotspot ist und viele junge Menschen angezogen hat. Die Straße ist auch heterogener geworden: Kunst, Gastronomie, Frankfurter, Touristen, Soziales, hippe Atmosphäre.
Was würdest Du Dir für die Braubachstraße von der Stadtpolitik wünschen?
Dagmar Priepke: Ich würde mir vor allem wünschen, dass ihr Potential erkannt wird. Dass bei Projekten und Einwirkungen der Stadt mit den Anrainern gesprochen wird - also Kommunikation. Und ich wünsche mir, daß diese Straße Modell oder Exempel für Stadträume von heute und morgen sein kann.
Das Buch Die Braubachstraße ist im Axel Dielmann Verlag erschienen, hat 176 Seiten, ist durchgehend mit farbigen Fotografien versehen und kann auch im Tresor am Römer für € 20,00 erworben werden. Mehr Informationen über Dagmar Priepkes Engagement, die Führungen und das Buch finden Sie unter folgendem Link: Dagmar-Touren
Das 1797 von Alois Senefelder erfundene Flachdruckverfahren lässt vor allem die Musikherzen aus Offenbach am Main und auch unsere, die nachbarlichen Herzen aus dem Frankfurter Antiquariat Tresor am Römer, höher schlagen. Diese erfreulich belebenden Herzschläge verdanken wir vor allem dem aufmerksamen Notenverleger Johann Anton André, der nur zwei Jahre nach der Erfindung der Lithografie deren Vorteile erkannte. Eine kostengünstige Produktion, hohe Auflagen und der weniger aufwendige Herstellungsweg veranlassten ihn, den Erfinder aus München nach Offenbach zu holen. In der Domstraße, damaliger Sitz der Notenfabrique André, wurden fortan die Notenwerke auch von Lithosteinen gedruckt.
Darunter waren nicht weniger als 79 Erstveröffentlichungen nach Autographen von Wolfgang Amadeus Mozart, die J.A.André von der Witwe des Komponisten erworben und hier am Main "in genauer Übereinstimmung mit dem Manuskript des Komponisten" veröffentlicht hat. Der Wert dieser Erstdrucke wird auch aufgrund der sorgfältigen Notenwiedergaben hoch geschätzt, sind doch längst nicht mehr alle Autographen Mozarts sowie anderer Komponisten vorhanden. In den Folgejahren verbreitete sich das Steindruckverfahren von Offenbach aus in Europa und die Welt. Bereits 1800 errichtete Philipp André in London und 1802 Friedrich André in Paris eine Druckanstalt, so dass ebenso europäische Verleger von Ansichtenwerken oder naturwissenschaftlicher Veröffentlichungen von der neuen Druckmanier profitierten, wie man in der folgenden Angebotsliste sehen kann.
Nicht nur das geschmeidige Fell des Kamels, die glatte Haut des indischen Tapirs, die glänzenden Augen des kleinen Löwenhündchens, sondern auch die zarte Flügelhaut der Fledermaus ließen sich mit Kreide oder Tinte überzeugend auf der besonderen Oberfläche der Lithosteine aus Solnhofen abbilden – häufig direkt von den naturwissenschaftlichen Zeichnern und somit zuverlässig in der detaillierten Darstellung. Ab 1817 hat Senefelder bereits Farblithografien mit elf Platten gedruckt. Neben der Werbung, die im industriellen Zeitalter immer umtriebiger wurde, nutzten ebenso zahlreiche Künstler die Möglichkeiten der Lithografie, und so behauptete sich der Steindruck im 19.Jahrhundert als dominante Drucktechnik.
In unseren Notizen im Abschluss – dieses Mal passenderweise aus Offenbach – stellen wir ergänzend und begeistert das heutige Musikhaus André sowie die Lithografieskulptur der Stadt in Wort und Bild vor.
E-Gitarren & ataivarT aL Die Fahrt von der Braubachstraße in die Nachbarstadt zum Marktplatz dauert mit der S-Bahn ungefähr 15 Minuten und nur einige Schritte entfernt liegt das Musikhaus André, das seit beinahe 250 Jahren in der Stadt am Main und seit 1923 in der Frankfurter Straße 28 ansässig ist. Hier werden Schlagzeuge, Blas-, Tasten- sowie Saiteninstrumente, elektronisches Zubehör oder sogar Tempelglocken verkauft, vermietet und auch repariert. Weiterhin kann Musikliteratur erworben werden und alte Noten, die einst im Verlag André veröffentlicht wurden - immerhin 17000 Werke! lesen wir staunend - werden für Interessierte der Fachwelt aus dem Archiv im Keller herausgesucht und kopiert. Im Geschäft entdecken wir sogleich das Porträt von Johann Anton André sowie bezeichnete Lithosteine mit seitenverkehrten Schriftzügen ataivarT aL oder grubnepmuH nov reD, die neben E-Gitarren platziert wurden und so auf die Tradition des Familienunternehmens aufmerksam machen. Hans-Jörg André, der 1992 in siebter Generation dieses übernommen hat, hält freundlicherweise für unser Foto einen dieser nicht ganz leichten Steine empor, der aus den Trümmern der im Zweiten Weltkrieg komplett zerstörten Druckerei in der Domstraße geborgen werden konnte. Wer mehr über das Musikhaus André erfahren möchte, kann den folgenden Link betätigen: Musikhaus André Auch die Stadt Offenbach pflegt das Lithografieerbe im Haus der Stadtgeschichte; im Büsingpark finden wir die Skulptur der Lithografie-Steine, auf dem uns das drei buckliche Kameel seitenverkehrt und sehr freundlich entgegenschaut, unweit des Büsing Palais, des für die Buchgestaltung so wichtigen Klingspor-Museums, des Isenburger Schlosses, des Lili-Tempels – denn Goethe hatte eine Liaison in Offenbach mit Lili Schönemann, die er im Hause André kennengelernt haben soll, selbstverständlich musizierend – und schließlich ist auch das Deutsche Ledermuseum nicht weit entfernt. Offebach, wir kommen!
So ein Lederfotoalbum mit goldenen eingeprägten Lettern und aufkaschierten Albuminabzügen im Innern strahlt eine besonders intensive Atmosphäre aus. Warmtonig, rotbraun oder gegilbt erscheinen Menschen am Hafen von Marseille, die Bootssegel in Cannes, die Laternen in Monte-Carlo, die Felsen von Monacco als auch die verblassende Dame mit Sonnenschirm, die tatsächlich durch das Bad in der Silbernitratlösung eine Erscheinung geworden ist. Eine schwebende Erscheinung in Albumingelb ist auch der liegende Hund oder das in einer vergangenen Welt sitzende Herrchen. Dieses besondere Gelb ist durch den Schwefel entstanden, der sich im Eiweiß oder eben im Albumin befindet und mit der Silbernitratlösung reagiert hat. Fast alle diese Aufnahmen sind von unterschiedlichen Berufsfotografen angefertigt, häufig mit dem Fotografennamen versehen und in wuchtigen Alben montiert worden.
Der Fotograf Jean Giletta hat den Karneval in Nizza als Motiv gewählt und die fröhliche Pappmachéfigur - begleitet von Tausenden von karnevalsbereiten Feiernden - abgelichtet. Die bewegungsfreudigen Karnevalisten sind zumeist scharf abgebildet, was nicht selbstverständlich war, stellte die Bewegungsunschärfe doch aufgrund der Lichtunempfindlichkeit der chemischen Emulsionen einige Jahre zuvor noch ein Problem für jeden Fotografen dar. In dem Florentiner Fotoalbum von Giacomo Brogi, datiert auf circa 1880, sehen wir deswegen entweder menschenleere öffentliche Plätze oder vehuschte Körper neben bewegungslos posierenden Gebäuden und Kunstwerken aus Marmor. Der Wahlrömer James Anderson soll für die Aufnahmen von Skulpturen in dunklen Kirchenecken oder Ölbildern an düsteren Vatikanwänden mitunter Belichtungszeiten von mehreren Stunden benötigt haben. Er und sein Sohn Domenico haben sodann geschäftstüchtig ihre Aufnahmen über eine Buchhandlung an der Piazza di Spagna und diese ins Ausland bis in die Vereinigten Staaten vertrieben. So konnte das riesige Gemälde der Trasfigurazione von Raffael ebenso im fernen Indiana an der Universität Notre-Dame von bildhungrigen Kunstprofessoren bewundert werden. Auch der deutsche Fotograf Alfred Noack aus Dresden ging nach Rom und einige Jahre später - 1860 - nach Genua, um dort fortan als Alfredo Noack Fotografien der ligurischen Küste anzubieten, die besonders gut bei Touristen ankamen. Man liest sogar, dass er auf diese Weise die italienische Riviera erfunden habe. Den Frankfurter Georg Sommer zog es im gleichen Jahr wie seinen sächsischen Kollegen nach Rom; er eröffnete dann in Neapel sein Fotostudio als Giorgio Sommer, von wo aus er Italien mit seiner großen Plattenkamera bereiste. Seine Fotografien des rauchenden Vesuvs, der palmengesäumten Piazza Vittoria in Neapel, aber auch der Isola Bella am Lago Maggiore und der Gotthardbahn nährten so die Erinnerungen der ehemaligen Reisenden und die Neugierde der Daheimgebliebenden.
Erweitert haben wir unser Angebot durch zwei Titel über Optik, durch Glasplatten für die Laterna Magica mit dem Struwwelpeter und einige Guckkastenblätter, die wir mitunter etwas verwirrt betrachten, da der Abdruck seitenverkehrt ist. Hergestellt wurden diese ausschließlich in London, Bassano, Paris und Augsburg - Ende des 18. bis Anfang des 19.Jahrhunderts - um vorzugsweise auf Jahrmärkten von sogenannten Guckkastenmännern, angeblich Kriegsinvalide oder arbeitslose Seeräuber, mit Hilfe von Licht und Linsen nicht nur farbig sondern auch effektreich präsentiert zu werden. Für die Notizen aus Frankfurt sind wir mit unserer Handtaschenkamera lediglich einige Treppenstufen nach oben galoppiert, wo sich das zu empfehlende Fotografie Forum Frankfurt mit einer unlängst neu eröffneten Ausstellung befindet.
FFF in der Braubachstraße 30-32 Über dem Antiquariat Tresor am Römer befinden sich die Ausstellungsräume des Vereins Fotografie Forum Frankfurt, kurz FFF. Das FFF wurde 1984 gegründet und bietet den Fotofans gemeinnützig und unabhängig nicht nur regelmäßig Ausstellungen sondern auch Symposien, Buchpublikationen, Vorträge und Kurse an. Nicht zu übersehen sind die Ferienkurse für Kinder und Jugendliche. Diese strömen dann mit Kameras vom FFF aus und suchen in der Stadt Motive, die sie als fotografiewürdig erachten. Mitunter kommt es auch vor, dass ein Knirps mit Finger am Auslöser in der Tür des Antiquariats steht und auf unsere Füße zielt oder das Buchschaufenster als fotogen einstuft. Mit einer Träne der Rührung blicken wir den fidelen und entdeckungsfreudigen Kleinen dann hinterher und beklatschen das fruchtbare Engagement des FFF. Jüngst eröffnet wurde die Ausstellung einer finnischen Fotokünstlerin mit dem Titel In Reference to a sunny place. Elina Brotherus fungiert als Fotografin und zugleich als Motiv ihrer Fotos, die häufig Bildwerke zitieren. Und so erkennen wir auch im Aufbauchaos sogleich den Wanderer wieder, der um 1818 von Caspar David Friedrich auf dem Felsen vor dem Nebelmeer gemalt wurde. Warum die finnische Künstlerin Bezug auf dieses Ölgemälde nimmt, kann man vielleicht im Galeriegespräch erfahren, das am Samstag, den 10.September 2022 um 15 Uhr stattfindet. Weitere Informationen zum FFF und dessen Programm finden Sie unter folgendem Link: FFF
Ein Kriminalbühnenspiel.
Vorhang auf.
Auf der Bühne stehen Regale mit Büchern, eine Glasvitrine und ein Schreibtisch, an dem eine als Antiquarin verkleidete Fälscherin sitzt. Mit Federkiel schreibt sie in ein Buch. Sie wendet die Seite, betrachtet das Titelblatt und das Frontispiz des Buches und schreibt weiter. Die Türglocke des Antiquariats bimmelt. Ein Dieb, verkleidet als Buchliebhaber des gehobenen Bürgertums, betritt die Bühne. Er trägt ein Sakko aus feinem Tuch, darüber einen weiten Mantel mit Diebestaschen im Futter.
Fälscherin (setzt schnell eine große Brille auf, steckt einen Bleistift hinter das Ohr und springt auf): Was kann ich für Sie tun?
Dieb: Ich suche wertvolle signierte Ausgaben.
Fälscherin: Da sind Sie bei mir richtig. (lächelt maliziös) Sehen Sie hier. Eine Liebeswidmung des Autors. Anno 1783. Jüngst reingekommen. (sie hält ihm das Buch von ihrem Schreibtisch entgegen)
Dieb (entziffert laut): Meiner Sonnenblume, meiner Sonne hinter den Wolken [Punkt. Punkt. Punkt.] meiner Elsbeth [Ausrufezeichen] Lebe [Ausrufezeichen] denn sterben würde ich für Dich [Punkt] Dein Held Johann C. von Z. (Dieb blättert um und guckt ungläubig) Der Autor … Johann Christoph von Zabuesnig …
Fälscherin: Ein eher unbekannter Autor, jedoch von Rang. Dies ist ein Buch für … Kenner! (Sie fixiert den Dieb ernst durch die Brillengläser, sehr ernst.) Bitte beachten Sie die intelligente Umsetzung der Elemente des Titelkupfers in die lebendige Sprache der Leidenschaft. (Sie tippt mit dem Zeigefinger auf die Illustration) Man nennt dies sprachliche Rückverwandlung einer gezeichneten Allegorie. (Brillenblick)
Dieb (schaut auf die Sonnenblume der Titelei und nestelt an seiner Knopflochrose): Ihr Kopf hängt.
Fälscherin: Wegen der Rauchwolke vor der Sonne.
Dieb (liest): Ein ritterlich National-Trauerspiel.
Fälscherin: Die Besitzerin und Geliebte muss den Band Tag und Nacht bei sich getragen haben. Schauen Sie hier … (wendet das geschlossene Buch hin und her) Glücklicherweise ist das Äußere nie restauriert worden. Alles Indizien der Liebe: starke Gebrauchsspuren am Einband.
Dieb (spielt in der Diebestasche mit dem versteckten Porzellanhündchen, das er im Antiquitätengeschäft nebenan hat mitgehenlassen und betrachtet den angerissenen Papierbezug): Ja, wenn Sie es so sagen. Eine interessante Ausgabe. (hüstelt und tastet mit seinen Augen gierig die ausgestellten Bücher in der Glasvitrine ab). Haben Sie auch einen signierten Goethe?
Fälscherin: Natürlich! (Scheinwerferlicht auf ein Buch in der Vitrine auf der linken Seite) Und hier ein Shakespeare mit Widmung an die schwarze Dame. (Scheinwerferlicht auf die rechte Seite)
Dieb (nickt anerkennend): Und Schiller? ...
In diesem Moment schnellt die Ladentür auf. Ein Polizist springt auf die Bühne; dahinter die Antiquitätenhändlerin, die auf den Dieb zeigt.
Szenenwechsel.
Fälscherin (schreibt - inspiriert durch die vorhergehende Begegnung - in ein weiteres Buch und liest laut vor): Oh Du meine Geliebte [Ausrufezeichen] Wärest Du doch mein Porzellanhündchen in meiner Diebestasche, wärest Du doch meine Knopflochrose in meinem Diebesmantel [Ausrufezeichen] Rauben, rauben würde ich Dich doch zu gerne [Ausrufezeichen] Immer Dein Räuber Friedrich S.
Vorhang fällt. Vorhang geht auf. Die Fälscherin und der Dieb kommen unter anhaltendem Applaus auf die Bühne gelaufen, halten sich an den Händen, verneigen sich.
Dem kurzen Theaterstück, das natürlich frei erfunden ist, folgt unser Angebot zum Thema Theater, Tragödien, Komödien und Schauspielkunst. Das bereits erwähnte National-Trauerspiel von Johann Christoph von Zabuesnig macht den Anfang der Liste – leider ohne Widmung aber dafür ganz ungefälscht. Und um ein Kriminalfernsehstück, für das der Tresor am Römer in Szene gesetzt worden ist, geht es heute in den Notizen aus Frankfurt.
ZABUESNIG, Johann Christoph von. Elsbeth, oder der Frauenraub; ein ritterlich National-Trauerspiel in fünf Aufzügen. Augsburg, beim Verfasser, 1783. 8°. Gestochenes Frontispiz, 2 nn. Bl., 106 S. Halbleder der Zeit mit Rückenschildern und Rückenvergoldung, (stärker beschabt, unteres und oberes Kapital mit Fehlstellen, Deckelbezug teils abgeplatzt). €180,00
Angebunden:
TÖRRING-SEEFELD, Klement G.v. Der Theure Ring. Ein Lustspiel in vier Aufzügen. München, Strobl, 1783. 144 S.
ECKARTSHAUSEN, Karl von. Liebrecht und Hörwald, oder: so geht's zuweilen auf dem Lande. Ein Schauspiel in drei Aufzügen bearbeitet nach Shakespear. München, Strobl, 1783. 4 nn. Bl., 104 S.
Sammelband mit drei Stücken bayerischer Bühnendichter. 1) vgl. Goed. V, 362, 41 (Prag 1785); 2) Erste Ausgabe. - Goed. V, 358, 16, 6; 3) vgl. Goed. V, 360, 28, 3 (Ausgabe Grätz). - Das Frontispiz wurde von und nach G(ottlieb) F(riedrich) Riedel gestochen (Thieme/B.28, 316 ff.). - Gering stockfleckig, Name auf fliegendem Vorsatz.
"Wegen Dreharbeiten geschlossen" Für unsere Ladenkunden ist der Tresor am Römer auf dem Foto kaum wiederzuerkennen, denn in dem Geschäft sind Dreharbeiten mit zeitweise über 20 Filmteammitarbeitern für ein kriminalistisches Fernsehspiel gemacht worden: Ein Fall für Zwei. Da es sich bei dem aktuellen Toten der ZDF-Serie um einen Archäologen handeln soll - soviel dürfen wir wohl schon verraten - führen die Ermittlungswege auch in ein Antiquariat und Antiquitätengeschäft. Um eben diese Rolle übernehmen zu können, wurde der Tresor am Römer passend umgestaltet. Nach einem Tag der Umbauarbeiten - getätigt durch ein lautloses, zumeist zweiköpfiges Team - fanden wir uns wieder zwischen Kerzenleuchtern, gehalten von grimmigen Greifen, zwischen Vasen, verziert mit hellenistischen und vor allem muskulösen Herren, Visitenkarten mit dem Aufdruck Antiquariat Elke Rühl, ägyptischen Pharaonen, die weise vor einem Bronzeapoll und einer Kopie des berühmten David aus glasiertem Gips lächeln, einem Grammophon, mehreren asiatischen Porzellangefäßen zweifelhaften Alters, robusten Transportkisten aus Übersee sowie massigen Möbelstücken aus dunklem Palisanderholz flankiert von einer Holzstele in barocker Fülle aus der Gründerzeit unter einer mingähnlichen Vase. Ob diese Vase, die Hirschfigur, die afrikanische Maske mit dem runden Umbramund oder doch die extrem verschlungenen Kamasutrafiguren den Fall für Zwei ins Rollen bringen werden, ist für uns noch nicht zu entschlüsseln. Auch die Polizei ist vorgefahren, Beamte sind in den Laden gestürmt und haben so die Braubachstraße in Aufregung versetzt. Wir hoffen, dass das Geschäft im Film keine zwielichtige Hehler- oder sogar Mörderhöhle unterhalten hat und freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass der Tresor am Römer inzwischen wieder geöffnet ist: ohne Hehlerware, ohne Tote, ohne Gips-David.
Die Welt der Vorsatzpapiere ist derartig vielfältig, dass wir in unserer Angebotsliste ein Sammelsurium zusammenstellen konnten, das vielerlei Techniken von Buntpapieren vorstellt. Rechts sehen wir eines von besonderer Anziehungskraft in Kamm-Marmor [aus: Voltaire, F.M.A. de. Elémens de la philosophie de Neuton. Amsterdam, J. Desbordes, 1738], ein Tunkpapier, das der Gattung des Türkisch Papier angehört und in Persien sowie der Türkei in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts in hoher Blüte stand. Künstlerisch hochwertige Papiere dieser Art sind im 17. und 18. Jahrhundert von französischen Buchbindern hergestellt worden. Um den Interessierten die ausgeklügelte Art der Herstellung vorzustellen, folgt hier ein gekürztes Rezept:
Man nehme eine Ochsengalle, möglichst frisch vom Schlachter, und schlitze sie auf. Der Inhalt möge in einem Gefäß mit reinem Alkohol vermischt werden und einen Monat reifen. Sodenn koche man Charragheenmoos und Borax in Wasser und möge die Brühe filtern. Füge Farben hinzu, aber nimm möglichst keine Erdfarben, diese sind zu schwer und sinken ab. Gib zu den Farben etwas Ochsengalle und die Farbe wird sich ausbreiten. Mit einem Kamm lässt sich vorzüglich ein Muster formen und dann tunke das Papier, das mit Alaunlösung gebeizt ist, vorsichtig und möglichst flach in die Flüssigkeit mit den gekämmten Farben, welche an der Oberfläche des Papieres haften bleiben... für Blüten-Marmor nehme Nadeln, für Pfauen-Marmor empfiehlt sich eine Pipette zu verwenden, für Schneckenmarmor [links aus: Jonston, Joh. Historiae naturalis de Insectis Libri III, de Serpentibus et Draconibus Libri II. Amsterdam, Schipper, 1657] ein Stäbchen ...
Zur Rechten schimmert ein Ornament von Akanthusblättern aus Bronzefirnis, gedruckt auf mehrfarbigem Kleisterpapier. Dieses prächtige Buntpapier wurde für die sogenannte Kurfürstenbibel in Folioformat verwendet, gedruckt 1720, also justament in dem Zeitabschnitt, als der Bronzefirnisdruck in künstlerischer und technischer Blüte stand. Dieses Druckverfahren, so lesen wir es in einschlägiger Fachliteratur, ist mit vielerei Schwierigkeiten konfrontiert. Konsistenz der Bronzefarbe, Viskosität, Temperatur, Stärke des Aufdrucks müssen stimmen, um das Muster sauber wiederzugeben und um auch auf dem biegsamen Flattervorsatz haften zu bleiben. Erstmals ist das Bronzefirnispapier umfänglich ab ungefähr 1695 in Augsburg hergestellt worden.
Zudem haben wir noch ein geblümtes Vorsatzpapier [Morgenstern, Christian. Klein Irmchen. Berlin, Bruno Cassirer, 1921] ausgewählt, das unsere Sehnsucht nach Frühlingsbotanik verrät. Das Muster ist mit Hilfe der eher seltenen Pochoir-Technik (Schablonendruck) ausgeführt worden und verführt nicht nur durch die einfachen schnörkellosen Formen, sondern auch durch die Intensität der aufliegenden Farben, die eine sehr feine Oberflächentextur bilden. Leider ist diese auf unserer Abbildung nicht sichtbar. Dieses Exemplar, so empfehlen wir dringendst, sollte als Original in den Händen liegen, um dessen Reize zu empfangen. Weiterhin bieten wir Bücher mit Vorsatzpapieren in einfacher Kleistertechnik [Christlicher Seelen-Schatz Außerlesener Gebetter. (Bonn, Fabion, 1729)] oder Kleisterpapier in Herrnhuter Manier [Tägliche Andachts-Uebungen, zum Gebrauch Ihro Kaiserlichen Majestät der Königinn zu Hungarn und Böheim. Wien, Trattner, 1769], mit Kattunpapier [Bligh, William. Reise in das Südmeer ..., Wien, Schrämbl, 1793), Moiréepapier und andere Prägepapiere [Nadosy, Alexander von. Equitations-Studien. Wien, Gerold's Sohn, 1855], Steinmarmorpapier [Südöstlicher Bildersaal. Stuttgart, Hallberger, 1840-1841], zahlreiche illustrierte Vorsätze, ein signiertes Vorsatzpapier [Grieshaber, Hap. Herzauge. München, Parabel Verlag, 1969] sowie ein aufwendiges in Paris gebundenes Exemplar mit doppelten Vorsätzen an [Fance, Anatole. La Rôtisserie de la Reine Pédauque. Paris, Simon Kra, 1925]. Weitere von Hand gefertigte Buntpapiere stellen wir in unseren Notizen unterhalb der Angebotsliste vor – diese heute jedoch nicht aus Frankfurt, sondern aus Bamberg, wo eine Buntpapiermacherin lebt – eine der wenigen, die den Beruf noch ausübt.
Buntpapierne Lebensfreude & Doppelter Wolkenschlag Die manuelle Herstellung von Buntpapier ist inzwischen eine Rarität geworden. In Bamberg, ebenso eine Stadt des Mains, arbeitet und lebt eine der wenigen Buntpapiermacherinnen Deutschlands. Ulrike Eleonore Grießmayr fertigt Buntpapier in unterschiedlichen Techniken wie Sprenkelpapier, gestrichenes Papier, Abklatschpapier und auch die für uns interessanten Kleisterpapiere nach historischen Vorbildern: gestrichenes Kleisterpapier, geädertes Kleisterpapier, Kleisterpapier nach Herrnhuter Art, Wolkenkleister u.a. Auf der Abbildung unten rechts sind vier Kleisterpapier aus eigenem Sortiment zu sehen. Das Foto oben stellt die Werkstatt mit sichtbaren Druckmodeln aus Holz und Rollen mit Mustern, Farbpigmente, eine Farbrolle und der Werkstatt-Apotheke im Hintergrund vor. Auffällig ist vor allem die Freude, mit der die Kunst- und Handwerkerin ihre Arbeit tätigt und auf uns - auch via Buntpapiere - überträgt. Weitere Informationen über die Herstellung mit historischen und Beispielen aus der eigenen Produktion sowie Kontaktdaten finden Sie hier: Buntpapiere von Ulrike Eleonore Grießmayr Der poetisch klingende Doppelte Wolkenschlag ist übrigens ein Muster, das mit dem Daumen in die Kleisterfarbe drehend gewischt wird und von den Herrnhuter Schwestern besonders wolkig ausgeführt, vermutlich sogar singend erfunden wurde.
Neben Astronomen, Astronauten, Flugkapitänen und Vögeln erweitern zahlreiche Himmels-, Stern- und Mondgucker in Literatur und Poesie das derzeitige Freitagsthema. Goethes Stella verführt uns bereits durch ihren Namen in erdferne Sphären. Die drei Hauptprotagonisten des Stückes verfolgten die rettende Idee einer Doppelehe, die aus ihrer Liebesmisere herausgeführt hätte. Diese jedoch rüttelte an gesellschaftlichen Moralvorstellungen und konnte sich nach einer Textänderung durch den Autor für Stella nicht erfüllen. Es ward ein Trauerspiel, in dem sie vergeblich ihrer Sehnsucht Ausdruck verleiht und verzweifelt deklariert, sie müsste dem Drang der Liebe nachgeben und aus diesem heraus den Mond herunterziehen. Die natürliche Tochter, ebenso von Goethe verfasst, blickt starr zum Himmel, blickt verwirrt umher und der trübe Sinn des Herzogs erzeugt nur Wolken. Wir ahnen, auch dies ist ein Trauerspiel, in dem sich Lügengespinste um eine uneheliche Tochter bilden. C.F.D. Schubart dichtete für seine Todesgedanken im Frühling 1767 erstaunlich luftig-leicht Seht nun auf ihre Blicke / Dahin, wo mein Glücke / Aus den Wolken lacht. / Dort auf jenem Sterne / wohin ich einst, und lerne ...
In Himmel und Erde des Romantikers Lord Byron begegnen wir dem verbotenen Flug der beiden Erzengel mit zwei Menschentöchtern in den Weltraum, um sie vor dem Strafgericht zu bewahren. Im geistlichen Morgenlied, das von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau 1717 dargeboten wurde, wird der Schöpfer direkt angesungen, um mit Geistes Schwingen die Wolken durchzubringen. So kann ich Adler sein. Euphorion hingegen möchte im zweiten Teil von Faust fliegen Gönnt mir den Flug!, stürzt aber in die Tiefe. Und in Shakespeares Sommernachtstraum gibt es besonders zahlreiche Flugbewegungen. So tanzen die Elfen Bohnenblüte, Spinnweb, Motte, Senfsamen sowie der Elfe Droll durch des Zauberwalds Lüfte, ein Aktör der Handwerkstruppe spielt den Mondschein, Fledermäuse werden gejagt und die Elfenkönigin Titania verliebt sich nach einem Zauber in Zettel, der justament ein Vogelliedchen trällert. Zu dieser gewitzten Wald-Luft-Komödie passen auch die 48 Tafeln mit lithographierten Papageien von Charles de Souancé. Jeder einzelne dieser kolorierten Vögel leuchtet und schillert, als wäre er von William Shakespeare erfunden worden. Selbst die mitteleuropäischen Fiedergenossen, links und rechts vom Text, posieren in besonders stolzer Vogelhaltung für unser luftiges Angebotssammelsurium.
In den Notizen aus Frankfurt, die sich dem Angebot thematisch anschließen, beschreiben wir unseren Frankfurter Ausflug, der bis in den Himmel führte.
In den Himmel und zurück Um heute am Freitag passend zu unserem Thema die Vogelperspektive einzunehmen, laufen wir kurzentschlossen und energiegeladen zum unweit gelegenen Kaiserdom St.Bartholomäus. Der Domturm sei erst seit Februar wieder geöffnet, informiert uns die Domturmkassiererin und inspiziert unsere Impfausweise. Wie hoch der Domturm sei, fragen wir. Bis zur Spitze 95 Meter und 328 Treppenstufen seien zu bewältigen, antwortet sie. Wir mustern unsere für eine Domturmbesteigung eigentlich ungeeigneten hochhackigen Schuhe und beginnen trotz der Widrigkeiten den Aufstieg. Auf der engen Turmtreppe begegnen wir zuerst zwei Asiaten, die uns Mut zusprechen, danach einer vielköpfigen amerikanischen Familie, an der wir uns in einem noch engeren Treppenabschnitt vorbeiquetschen. Zuletzt lernen wir - bereits etwas kurzatmig - einen der Restauratoren kennen, der gerade hungrig in Richtung Mittagstisch absteigt. Auf dem Rundgang der Ausblicksplattform pressen wir uns mit dem Rücken an die Turmwand, an der eingeritzte Namen und Jahreszahlen zu lesen sind. Das Datum 3.5.1945, also kurz vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, betrachten wir heute sicherlich nachdrücklicher, als wir es vor über drei Wochen getan hätten. Hoffnungsfroh verweilen wir noch einen Moment mit Blick in die Ferne und machen ein Foto mit leicht zittrigen Knien, auf dem Ortskundige östlich von der Paulskirche auch das Dach des Gebäudes erkennen, in dem sich der Tresor am Römer befindet. Der Kupferstich nach Salomon Kleiner von 1747 zeigt die Domlaterne in einem eigentlich unvollendetem Zustand. Doch nach dem Dombrand 1867 - ausgelöst durch eine Kerze und zwei angeheiterte Bewohnerinnen des 3.Stockwerks in der Fahrgasse 21- wurde sie endlich nach den mittelalterlichen Plänen von Madern Gerthener errichtet und präsentiert sich auch heute noch in dieser Form. Abschließend möchten wir noch berichten, dass der Aufstieg zum Himmel nicht so anstrengend ist wie der Abstieg. Frauen wissen warum, denn die sind dem Himmel sowieso näher - auch wegen der hohen Schuhabsätze.
Die unnachahmliche Atmosphäre der Antiquariatsmesse wird uns auch dieses Jahr fehlen. Kein Papierrascheln, keine Gespräche, kein Spurt bei Messeeröffnung zum begehrten Sammelobjekt, kein Blickkontakt mit dem Antiquar, kein Händedruck zum Abschluss eines Geschäfts, kein lauwarmes Würstchen im Messebistro, kein gemeinsames Anstoßen, keine Berührungen zwischen Menschen und Büchern, kein Klatsch, keine Neuigkeiten, keine schmerzenden Messebeine, kein Lachen, kein stetes Gesprächsgemurmel in den Räumen des Kunstvereins. So bleibt uns heute das Vergnügen das Messegefühl zu simulieren, indem wir mit Worten rascheln und mit Abbildungen das Gemüt berühren. Vielleicht verweilt unser Blick derzeitig umso bedürftiger auf den warmtonigen Photographien, die uns die Amalfiküste und den qualmenden Vesuv hinter einer Pinie besonders stimmungsvoll darbieten. Oder wir fixieren noch intensiver die eigentlich unansehnlichen aber lebensverkündenden Larven und Raupen, die ihre Metamorphose schließlich als farbschillernde Schmetterlinge feiern. Möglicherweise verfängt sich unser suchender Blick zudem in dem bizarren Stillleben menschlicher Organe und Blutgefäße, flankiert von possierlichen Skeletten, die die Opera Omnia des niederländischen Anatoms und Botanikers Frederik Ruysch illustrieren.
Auch wäre ein Zwiegespräch mit den beiden Fledermäusen möglich, die original gouachiert als geschützte Tiere durch das Messeangebot flattern, und übermütig könnte man das freche Grinsen der beiden erwidern – es sieht uns ja doch niemand hinter unserem Computer. Sehnsüchtig wird sicherlich ebenso das ägyptische Kamel im Oriental Album bestaunt werden, das uns an ferne Reisen erinnert.
Wie wir uns heute Morgen einen Zipfel Messegefühl erhascht haben, beschreiben wir in den Notizen aus Frankfurt, die nach dem Messeangebot folgen. Es kann sogar sein, dass der eine oder andere Leser Appetit bekommt.
Messewürstchenersatz & Elton-John-Sammlung Vor Messebeginn haben wir uns in die Warteschlange vor dem Stand der Frau Schreiber in der Kleinmarkthalle - unweit der Braubachstraße - eingereiht, ein Rindswürstchen erstanden und schließlich verzehrt. Mit Hilfe des Würstchengeschmacks und des Würstchengeruchs im Treiben der Marktbesucher hat uns die Antiquariatsmesse atmosphärisch gestreift. Während wir kauten und unsere Mäntel mit Senf bekleckerten, konnten wir uns zudem über ein Gedicht von Friedrich Stoltze amüsieren, das am Würstchenstand in einem Rahmen auszugsweise präsentiert wird. Un de Ratsherrn un die Richter, / Un die Maler und die Dichter, / Komponiste, Schornaliste, / Apedheker un Drogiste, / Un Student un Komedjant / Frißt sei Wörschtsche aus der Hand. Und tatsächlich haben wir in der Warteschlange Menschen aller Arten und Schichten entdeckt. Frau Schreiber, eine regionale Berühmtheit von über 80 Jahren, wird auch liebevoll Wurst-Ilse von den Frankfurtern genannt. Sie bietet Fleischwurst mit und ohne Knoblauch an, Rindswurst, Gelbwurst und Krakauer. Kundenwünsche erfragt sie im Frankfurter Dialekt, Japaner - die in diesen Zeiten jedoch eher selten anreisen - spricht sie auf Englisch an. Mit gut gefüllten Mägen und Frankfurter Singsang im Ohr sind wir wieder in den Tresor am Römer gelaufen, um nun angeregt auf das letzte Gespräch der Veranstaltungsreihe Das rote Sofa hinzuweisen. Am 21.Februar 2022 um 19 Uhr wird Sibylle Wieduwilt die Verleihung des Preises für junge Sammler moderieren. Preisträgerin ist eine Studentin, die ihre Elton-John-Sammlung (in Selbstdarstellung und Rezeption aus den Jahren 1970-72) mit gut überlegter Beharrlichkeit und Begeisterung zusammengetragen hat. Noch drei weitere Gäste werden im darauffolgenden Gespräch über das Thema Sammeln online diskutieren. Sollten Sie sich für das Thema interessieren, können Sie sich kostenlos als Zuschauer unter folgendem Link registrieren: Preisverleihung. Um 12 Uhr heute Mittag wird endlich die Antiquariatsmesse Stuttgart eröffnet, die man unter diesem Link besuchen kann: Antiquariatsmesse Stuttgart. De Vorhang uff! Bravo! Bravo! Bravo!
Anlässlich des expressionistischen Freitags möchten wir die Möglichkeit nutzen, einzelne Dichter zu Wort kommen zu lassen, damit wir ihre Lyrik besser verstehen. Natürlich handelt es sich um ein fiktives Gespräch, das im Bereich der Literatur erlaubt sein möge. Die Antworten sind ordentlich wiedergegebene Gedichtzitate aus den hier angebotenen Büchern.
Fragende Stimme:
Die Sonne taucht in der expressionistischen Lyrik immer wieder auf. In Umbra Vitae, den nachgelassenen Gedichten Georg Heyms, tost sie bereits 1912 ekstatisch. Alfred Lichtenstein hielt die rote Häusersonne nicht mehr aus. Anders bei Kurt Bock. Dessen erste Sonne ruft unruhvolles Leid tagtäglich im Wanderer wach. Bereits diese drei Beispiele zeigen ungewöhnliche Ausdrucksfähigkeiten. Noch drastischer, beinahe hoffnungslos und mitunter mit sezierendem Blick beschreibt der Arzt Gottfried Benn die Welt. Dessen Ikarus endet im Sturz der Sonnen-sonnen, o aller Sonnen ewiges Gefälle. Sie, Walter Rheiner, sind mit 19 Jahren gegen ihren Willen im Ersten Weltkrieg an die russische Front geordert worden. Sie wurden abhängig von Rauschgift und lebten in Berlin in Armut. 1918, dem Jahr zahlreicher Veröffentlichungen ihrer Gedichte, erscheint auch in der Reihe des Neuesten Gedicht ihre Insel der Seligen, in der die Sonne ...
Walter Rheiner (schaut durch seine Brille nach oben, etwas zittrig deklamierend):
Elektrisch lodert sie auf den Dächern, auf Haaren (magisch-wirr) der schwarzen Fee
Fragende Stimme (entzückt und empathisch):
Und auch das Geflüster naher Sterne vernahmen Sie. Ganz anders hat Herr Benn das Sternenfirmament gesehen …
Gottfried Benn (großer Kopf, Mundwinkel nach unten, beinahe misslaunisch aber bestimmt zornig ausrufend):
Finale! Huren! Grünspan der Gestirne!
Fragende Stimme (begeistert, wendet sich Else Lasker-Schüler zu, die bei den Worten Benns zusammengezuckt ist):
Else Lasker-Schüler, was meinen Sie?
Else Lasker-Schüler (mit einem glimmenden und einem verträumten Auge):
Sieh meine Farben,
Schwarz und stern.
Alfred Lichtenstein (ein junger Mann mit großen, fragenden Augen verneigt sich vor der Dichterin und trägt aus seinem Gedicht Mädchen vor):
Sie halten den Abend der Stuben nicht aus.
Sie schleichen in tiefe Sternstraßen hinaus.
Wie weich ist die Welt im Laternenwind!
Wie seltsam summend das Leben zerrinnt …
Und nochmals Else Lasker-Schüler (eine Träne im träumenden Auge):
Ich saß im Sternenmantel.
Fragende Stimme (bewegt und brüchig):
Herr Heym, Sie möchten etwas sagen?
Georg Heym (erst 25 Jahre jung, mit einem Wollschal und einem Paar Schlittschuhe über der Schulter):
Sie wandern durch die Nacht der Städte hin,
Die schwarz sich ducken unter ihrem Fuß.
Wie Schifferbärte stehen um ihr Kinn
Die Wolken schwarz vom Rauch und Kohlenruß.
Klabund (elegant, schlank, jung, hoher gestärkter Hemdkragen):
Der zinnoberblaue Schutzmann zerschmettert den Maßkrug aller Maßlosigkeiten
An der Siegessäule die sauberen Ladenmädchen
Gelächter Zackenbauch
Wandeln die Litfaßsäulen
Im Sternenzelt.
Fragende Stimme (schweigt vorerst nachsinnend und fährt schließlich fort):
Darf ich um ein Schlusswort bitten?
August Stramm (springt nach vorne und ruft):
Äste würgen
Fragende Stimme (nun nicht mehr fragend, sondern jubilierend):
Großartig, aus der Menscheitsdämmerung!
Nun gilt es den expressionistischen Schwung zu nutzen, um auf die Angebotsliste hinzuweisen, der die Notizen aus der Antiquariatswelt folgen, in denen gleich zwei Sofas vorgestellt werden.
ersehnt & begehrt In jedem Sammler steckt auch ein Jäger. Sammler handeln zielgerichtet und schnell, listig und in Härtefällen mitunter rücksichtslos, ihre Kondition ist stets trainiert, ihr Witterungsvermögen bestens ausgebildet, Informationen aus ihrem Revier - und erscheinen sie noch so unwichtig - werden von den Sammlern geradezu aufgesogen, das Sammlergedächtnis funktioniert fehlerfrei, Sammler scheuen keinerlei Mühen, um ihr nächstes Sammelobjekt zu ergattern und wenn sie reüssieren, durchfährt ein Empfinden wilder Freude ihren Körper. Mehr zu dieser schillernden Menschengattung werden wir im Rahmenprogramm der Antiquariatsmesse Stuttgart erfahren. Die Veranstaltungsreihe "Das rote Sofa" wird die Messe zu dem Thema "Sammeln - Eine Leidenschaft" mit drei Gesprächen begleiten. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Betätigung des Links: Das rote Sofa. Die Antiquariatsmesse wird vom 18.-22.2. wieder virtuell stattfinden. Zudem erscheint ein Katalog, der sowohl in gedruckter Form erscheinen als auch ab Ende Januar als Online-Version unter folgendem Link abrufbar sein wird: Antiquariatsmesse Stuttgart. Sodenn möchten wir bescheiden auf ein Gespräch mit dem Titel Freitagsseite, Verband, Nachwuchs im Antiquariat hinweisen, das Björn Biester, der Herausgeber der Zeitschrift Aus dem Antiquariat, mit Sibylle Wieduwilt geführt hat. Das unten abgebildete Antiquariatssofa des Tresor am Römer verleitete die Inhaberin zu resümierenden Nachrichten des letzten Jahres aus der kleinen und großen Antiquariatswelt.
Die Angebotsliste vor den weihnachtlichen Festtagen ist wie im letzten Jahr streng thematisch gemischt. Zunächst möchten wir - mit der Überlegung das Traditionsessen von Würstchen mit Kartoffelsalat zu erweitern - den Weihnachtsspeisezettel aus dem Kochbüchlein für die Puppenküche empfehlen. Der Weihnachtsabend wird hier mit Schokoladensuppe, Eierkuchen und Äpfeln, Auflauf mit eingemachtem Obst oder Zucker und Zimt als auch mit Gemüse von Rosinen kulinarisch gefeiert. Danach werden gebackene Äpfelschnitze, geröstete Mandeln, Zitronenbrötchen und Kleienküchlein gereicht. Die Rezepte sind kinderleicht auszuführen und wir können sie mit gutem Gewissen auch Kochlaien empfehlen.
Der Puppenküchenpunsch hat den Vorteil, dass er den ganzen Tag getrunken werden kann, besteht er doch aus einem Mätzchen schwachen Tees, Zucker und Zitronensaft. Am ersten Weihnachtstag werden u.a. goldene Schnitten mit Högenmark oder Weinsoße aufgetragen - gefolgt von Kirchweihküchlein. Wer es etwas deftiger mag, kann sich auf den dritten Weihnachtsfeiertag freuen, an dem gebackene Fleischklöße mit dem vielgeliebten Kartoffelsalat aufgetischt werden. Weihnachtsbraten gibt es in der Puppenküche noch nicht, jedoch könnte das Hirschhörnchen eine vegetarische Alternative mit viel Zucker sein.
Gänzlich ohne Zucker, mit einfachen Formen und flächigen Farben, rhythmisch und balancierend, mit überlagerten Linien in Kaltnadelradierschwarz entfaltet Sonia Delaunay ihre künstlerischen Kräfte neben Versen von Tristan Tzara. Diese eindrucksvolle Künstlermappe mit acht ganzseitigen Farbradierungen zu elf Gedichten ist im Jahr 1961 in Paris entstanden. Tristan Tzara, der zusammen mit Hans Arp und Hugo Ball die Dada-Bewegung gegründet hat und später zu den Pariser Surrealisten Kontakt aufnahm, hat mit der vielseitigen Wahlfranzösin Sonia Delaunay bereits seit den frühen 20er Jahren eigensinnige Kunstwerke wie die Robes Poèmes, Gedichtkleider, geschaffen. Hierbei wurden Wörter und Verse des Dichters in Kleider eingewebt und wanderten somit über den Körper entlang. Die Radierungen für die vorliegende Mappe Juste présent zeugen von eindrucksvoller Form- und Farbsicherheit der Künstlerin, die ihr Leben lang mit Simultankontrasten experimentiert hat. Dissonanz und Harmonie werden auch hier spielerisch entfacht, besonders überzeugend im Original, nummeriert als auch signiert und heute in außergewöhnlicher Schönheit im Tresor am Römer präsentiert. In den Notizen aus Frankfurt am Ende der Angebotsliste stimmen wir heute passend zum vierten Advent ein fröhliches F an.
Frohlockende Flora im Festtagsfenster Während die Floristin Frau Escanecrabe uns die zum Verkauf stehenden Blumen vorstellt, bindet sie gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin unermüdlich kleine Weihnachtssträuße. 850 Stück müssen heute am Freitag frisch gebunden geliefert werden. Bei Blumen am Dom, ein Familienbetrieb mit inzwischen zwei Filialen hier in der Braubachstraße, kaufen auch wir regelmäßig Antiquariatspflanzen, die zur Weihnachtszeit im Schaufenster um die Gunst der Vorbeischlendernden buhlen. Der Weihnachtsstern oder die Euphorbia pulcherrima, deren Name ihre Schönheit bestätigt, kann ihrerseits das Straßengeschehen wahrnehmen, das derzeitig auch von dem unweit stattfindenden Weihnachtsmarkt bestimmt wird. So fühlt sie sich betrachtet von Punschtrinkenden, Wurstessenden, Geschenksuchenden, Bummelnden, Verträumten, Lächelnden, Anwohnern, Blumenliebhabern, Museumsbesuchern, Auf-die-Tram-Wartenden, von dem italienischen Briefträger, von Frau Escanecrabe, Frau Wieduwilt und Frau Seuss, dem Rahmenmacher, Buchliebhabern, Buchkäufern und dem langbeinigen Donatus vom Rühlskopf, dem Deutsch Drahthaar von gegenüber. Für unsere auswärtigen Kunden haben wir ein Foto von einem der beiden Weihnachtsfenster mit zwei unserer Antiquariatsweihnachtssterne aufgenommen - farblich und inhaltlich abgestimmt mit dem Rot der Weihnachtsapfelketten und dem hellblau kolorierten Himmel des Kupferstiches vom heiteren Wintertreiben auf dem Frankfurter Liebfrauenberg.
Es gab Zeiten, in denen man Bücher über Trachten, Sitten und Bräuche derart aufwendig gestaltet hat, als würden sie auf einem rauschenden Fest der Ästhetik präsentiert werden. Das vierbändige Werk Moeurs, usages et costumes de tous les peuples du monde ... von Auguste Wahlen gehört zu diesen Büchern. William Foyle, einer der "führenden Buchhändler des 20.Jahrhunderts in London", ließ sich verzaubern von den Farben und Materialien der in Brüssel erschienenen Ausgabe und klebte - vermutlich in seiner Privatbibliothek in Beeleigh Abbey - ein elegantes, weinrotes Ex-Libris-Schildchen mit goldener Schrift animo et fide auf das marmorierte Vorsatzpapier aller vier erworbenen Bände. Diese gehörten hiermit fortan in eine der berühmtesten und wertvollsten Privatbibliotheken, die im Jahre 2000 bei Christie's unter Beobachtung von Buchkennern und Sammlern aus aller Welt versteigert wurde. Heute bietet der Tresor am Römer genau diese Exemplare der ersten Ausgabe in prächtiger Ausstattung an. Der Autor, Auguste Wahlen, hat seine Texte und Zahlen nach authentischen Dokumenten und jüngsten Reiseberichten zusammengestellt, so dass in den Jahren 1843-44 Trachten und Gebräuche der Völker aus Asien, Ozeanien, Afrika-Amerika und Europa die Augen der Leser entzücken und den Verstand ebendieser erhellen konnten.
Dieses Werk wurde splendid mit 4 kolorierten Titelvignetten und 211 Holzstichtafeln versehen, und zwar von Hand mit leuchtenden Farben und mit äußerster Sorgfalt koloriert. Damit die Leser einen Eindruck von den Illustrationen bekommen, haben wir ein reizvoll befedertes Mädchen der Insel Madison, eine rauchende Dame der Insel Guham sowie den furchteinflößenden und tätowierten Krieger von Noukahiwa gebeten, für den Text zu posieren. Allerdings müssen wir eingestehen, dass die Farbkraft der Originale nicht adäquat wiedergegeben werden konnte. Der imposante Herr von Noukahiwa, der sich heute extra mit einem Kopfschmuck aus Walfischenzähnen bedeckt hat, demonstriert uns hier frank und frei seine Wurfnuss, die er mit Genauigkeit und erstaunlicher Flugweite einzusetzen versteht. Eigenheiten und Geheimnisse der beiden Ozeanierinnen möchte der Eingeborene an dieser Stelle allerdings nicht verraten, denn diese mögen vorerst zwischen den vergoldeten, mit Steh- als auch Innenkantenvergoldung verzierten und mit Leder überzogenen Buchdeckeln für den zukünftigen Besitzer verwahrt bleiben. Er lächelt, spielt an seiner Muschelkette und schaukelt mit seinem Wurfgeschoss. Wie könnten wir seinem Wunsch nicht entsprechen?
Einen Blick auf die anderen angebotenen, mitunter sehr interessanten Bücher begrüßt er und verweist mit Nachdruck auf die Notizen aus Frankfurt, in denen es merkwürdige Dinge zu lesen gebe. Nun jedoch möchte er sich mit der Frau von Guham zurückziehen, um ein Pfeifchen zu rauchen und einen Kawa zu trinken - ein rein pflanzliches Getränk, das angenehm berauschend wirken kann.
Känguruleder & Squashy Foldable Hats "Und was sind squashy foldable hats?", fragen wir den Besitzer des Australien Shops, als er uns sein Sortiment vorstellt. Kaum haben wir die Frage gestellt, hat Herr Horn auch schon den Lederhut klein geknautscht und in einen Stoffbeutel gehüllt. Diese Falttechnik sei nicht nur für das Reisen, sondern auch für das alltägliche und nicht nur das australische Leben geeignet. Den Knautschhut gibt es in Känguru- und Rindsleder. Ersteres ist etwas dünner als zweiteres, weich und strapazierfähig und eignet sich deswegen auch gut für die Boots von R.M.Williams, die Ernst-Albrecht Horn zusammen mit seiner Frau Frauke seit Ende 2004 in der Berliner Straße 33 - nur ein Kängurusprung von hier - anbietet. Sodenn gibt es australisches Bier, Wein, Didgeridoos, Wachsmäntel, Gürtel, Süßigkeiten und andere Lebensmittel. Und was könnte in dem Gefrierschrank, der auf dem unteren Foto zu sehen ist, liegen? "Kängurusteak!" Es habe wenig Fett und sei geschmacklich zwischen Wild- und Rindsfleisch einzuordnen. Krokodilsfleisch sei momentan nicht im Angebot. In diesen gesundheitlich unsicheren Zeiten möchten wir noch auf den berühmt-berüchtigten Brotaufstrich Vegemite hinweisen. Australier schwärmen mitunter für ihn und wollen auch im Ausland nicht auf ihren Aufstrich, proudly made in Australia since 1923, verzichten. Er enthält besonders viel Vitamin B for Vitality und der Geschmack ist ... australisch.
Erlesene Einbände verführen zum Anfassen, Streicheln, auch zum Horchen und zum Liebäugeln. Die Hand des einen Kunden streicht zart über die glatte Kalbslederoberfläche der Sonette an Orpheus von Rainer Maria Rilke, die des anderen erkundet tastend die unregelmäßige Oberflächenstruktur des Maroquinleders der Florentiner Ausgabe von Das Nordlicht des Autors Theodor Däubler. Schließen werden auf- und zugemacht. Klick, klack. Die Fingerspitzen des Zeige- und Mittelfingers fahren über die ziselierten Eckbeschläge, die Prägungen, den Perlmuttbesatz und den roten Zierstein aus Glas. Gleich beide Daumen gehen eine Streichelbeziehung mit dem ovalen Relief aus Schildpatt ein und, um den köstlichen Schimmer der Muster des gepunzten Goldschnittes zu genießen, wird das Andachtsbuch im Licht hin- und herbewegt.
Wohlig warme Töne wandern wiederholt durch den Tresor am Römer. Wie zur Prüfung lässt der Sammler den ersten der drei jeweils 700 Seiten starken Bände sanft auf die anderen beiden fallen. Er, der Sammelnde, lächelt. Der Wohlklang entsteht durch die von Hübel und Denck in samtiges Maroquinleder eingebundenen Werke des Miguel de Cervantes. Der Sachsenspiegel in 460 Jahre altem Schweinsleder auf Holzdeckeln klingt eben anders.
Kreisrunde, nachtblaue Intarsien, begleitet von ockerfarbigen millimeterkleinen Rauten passgenau eingebettet in ein dunkles Indigo umschmeicheln das Auge. Nicht nur die technische Präzision, mit der der Meistereinband des Franzosen Louis Gilbert gefertigt ist, überzeugt die Sinne, sondern auch die ästhetische Sicherheit und der gestalterische Mut führen den Leser glücklich über zwei Vorsatzpaare aus kobaltblauem Seidenmoiré, königlich edel, und aus handgeschöpftem Marmorpapier, poetisch verführend, hinein in die Rôtisserie de la Reine Pédauque von Anatole France.
Und was könnte diese reich bordürte, querformatige Kassette bergen? Unter Glas ein Kupferstich mit einer Landschaft, beruhigt durch Baumesgrün, belebt durch einen Fluss, in der drei Damen in griechischen Gewändern, als wären sie die drei Grazien, ein Blumengebinde gemeinsam betrachten. Glanzpapier in hellem Kadmiumrot ist gesäumt von goldenen Bordüren und leuchtet kräftig, anstatt einen Titel preiszugeben. Letztendlich verraten uns die zahlreichen Indizien, dass es sich um ein Album Amicorum mit Freundschaftsblättern handelt, darunter auch 14 gestochene und kolorierte Freundschaftsgaben. Weitere Liebhaberobjekte präsentieren sich in der folgenden Angebotsliste, und in den anschließenden Notizen aus Frankfurt widmen wir uns einer schmückenden Bedeckung für das menschliche Haupt.
Mit Buch und Hut in den Herbst So wie der Einband das Buch schützt und schmückt, so tut es der Hut auf dem Kopf des Menschen. Glücklicherweise gibt es unweit des Tresor am Römer den Hutsalon Coy, der sich seit der Rekonstruktion der neuen Altstadt am Markt 38 befindet. Dort werden vor allem selbstmodellierte Hüte angeboten, die auch von der Ladeninhaberin und Modistin Cornelia Plotzki hergestellt werden. Für das Foto zeigt uns die frohgemute Hutverkäuferin Valentina zwei rote Filzstumpen, die später über ein handgeschnitztes Holzmodell gelegt und dann von Hand und mit Hilfe von Wasserdampf geformt werden. Sollte der Kundin die Form des Glockenhutes zusagen, nicht jedoch die tannengrüne Filzfarbe, so fertigt die Modistin die Cloche auch in einem strahlenden Ahornblätterrot. Und sollte die Form des kecken Glockenhutes nicht gefallen, mögen sodenn der lässige Schlapphut, der jugendlich wirkende Aufschlaghut oder die krempenlose Wollfilzkappe als Kopfbedeckung dienen. Von dem Hutformenreichtum begeistert, können wir schließlich feststellen, dass es für jeden Kopf einen passenden Hut wie auch ein passendes Buch gibt.
Jede Gesamtausgabe muss zahlreiche Fragen beantworten können: Bist Du eine kritische Werkausgabe? [wie die hier angebotenen Sämmtliche Schriften von G.E.Lessing, 1853-57], Oder bist Du eine neue vermehrte Ausgabe? [wie Sämmtliche Schriften von F.W.Gleim aus dem Jahre 1770], Bist Du auch die einzig rechtmäßige Original-Ausgabe? [wie die Werke von Johann Winkelmann, 1847], Du bist doch wohl die wichtige erste Werkausgabe! [wie die unten folgende Hölderlin-Ausgabe von 1846], Bist Du vielleicht ein seltener unrechtmäßiger Nachdruck? [wie Der Kinderfreund von 1818].
Und weiter: Bist Du die erste Ausgabe dieser Zusammenstellung? [siehe auch die angebotenen Goethes Gespräche in 10 Bänden, herausgegeben von Woldemar Freiherr von Biedermann, 1889-1896], Ist die deutsche Gesamtausgabe auch einheitlich übersetzt? [die deutsche Gesamtausgabe von August Strindberg ist einheitlich verdeutscht von Emil Schering, nicht aber die Sämtliche(n) Werke von Henrik Ibsen, die jedoch auch von dem jungen Dichter Christian Morgenstern übertragen sind, und der mit seiner Übersetzung eine Original-Dichtung geschaffen hat und deshalb zu empfehlen ist], Verfügst Du über einen Index? [so wie die Chronique de 1831 à 1862, die Lebenserinnerungen der Duchesse de Dino], Bist du eine historisch kritische Ausgabe? [so nämlich die von Richard Maria Werner besorgten Sämmtliche Werke des Autors Friedrich Hebbel]. Verfügst Du über bisher ungedrucktes Material? [eindeutig bejahend zu beantworten für die von Waldemar Oehlke herausgegebenen Sämtliche Werke von Bettina von Arnim]. Und dies sind nur die inhaltlich zu beachtenden Fragen. Desweiteren gibt es ästhetische Anforderungen:
Du beinhaltest doch wohl ein Porträt des Autors?, Sind Deine Einbände dekorativ?, Sind Deine Bände einheitlich gebunden? [wie zahlreiche Exemplare der heutigen Angebotsliste], Verfügst Du vielleicht sogar über Illustrationen? [die Oeuvres complètes illustrées von Anatole France, 1925, reich illustriert von verschiedenen Illustratoren], Die typographische Gestaltung hat der Autor wohl auch gebilligt? [wie Rainer Maria Rilke seine sechsbändige Ausgabe im Insel Verlag], Die Typographie ist gut lesbar, in einem kräftigen Schwarz gedruckt und auch das Papier von guter Qualität? [die Musarionausgabe von Friedrich Nietzsche liest sich köstlich auf holzfreiem Papier], Bist Du in einem guten Zustand? [Ja!].
In den anschließenden Notizen aus Frankfurt schildern wir Eindrücke von Kunden des Tresor am Römer über das jüngst eröffnete Romantik Museum. Angemerkt sei nur noch, dass Der mehrbändige Freitag von einer mehrköpfigen Tierschar aus Oeuvres complètes illustrées von Anatole France begleitet wird.
Romantik Museum hinter mehrteiliger Fassade Zitronengelb wie der Buchschnitt der oben angebotenen Gesammelte Werke von Joseph von Eichendorff erstrahlt ein Teil der Fassade des neu eröffneten Romantik Museums. Kunden des Tresor am Römer berichten uns bereits begeistert von zarten Handschriften, die tatsächlich im Original gezeigt werden.
Ebenso wird von einer Himmelstreppe berichtet, deren Aufstieg unendlich erscheinen soll und den Besucher doch eher als vermutet ankommen lässt, wenn nicht im Himmel so doch im 3.Stockwerk. Beim Abstieg, erzählt eine Kundin schaudernd, näherte sie sich sodenn schneller als erwartet der imaginären Gegenwelt des Himmels, nämlich der Hölle, die aufgrund des Dante-Jahres unsere Vorstellungen begleitet. Doch im Erdgeschoss, beruhigt uns wiederum die Hinabgestiegene, versicherte ihr eine Männerstimme in einer dunklen Ecke, dass hinter der alten Brandmauer nicht das Inferno wüte, sondern das nach dem Krieg wiederaufgebaute Elternhaus des Autors Johann Wolfgang von Goethe stehe. Dort verkehre zwar bekanntlich Mephistopheles, aber dieser hätte schließlich zum göttlichen Geschehen einen direkten Draht. Wer der Dunkelmann in der Ecke war, haben wir zwar nicht erfahren, jedoch geistert eine Ahnung durch unsere Phantasievorstellung.
Noch nicht jodelnd, aber tanzend und tändelnd wird unser abwechslungsreiches Angebot des 19.Jahrhunderts eingeleitet. Der Tanz beginnt in einem heiteren Allegro giocoso, dessen Tempo sich gefühlsbetont zu verlangsamen vermag. Carl Daub und Friedrich Creuzer führen den Reigen durch die Studien, eine der wichtigsten Zeitschriften der Romantik. Unter dem Pseudonym "Tian" schließt sich hier Karoline von Günderode mit ihren Theaterfiguren dem Groß-Wezier Mangu, Sino und dem Derwisch Udohla ebenso an wie Nerissa aus dem Harem des Sultans. In Tausend und eine Nacht, herausgegeben von August Lewald, verlieren wir uns dank der 2000 Holzstiche in orientalische Welten und in die zum ersten Mal vollständig und treu übersetzten Erzählungen. Aus dem Orient gelangen wir in die Berge. In der alpenschwärmerischen und vor allem seltenen Sammlung auserlesener Gebirgslieder sind nicht nur Blumenranken zart lithographiert, sondern auch Bauernburschen, Jäger und Liebespaare in wieder liebgewonnenen Trachten. Hier empfielt es sich noch etwas um sich selbst zu drehen, bevor aus dem Scherzando ein drängendes Stringendo wird.
Die Pressefreiheit wird nicht nur von J.P.L. Snell in einer Veröffentlichung im Jahre 1829 gefordert. Mit kratzender und sarkastischer Feder kritisiert Heinrich Heine in seiner Veröffentlichung Neue Gedichte - hier angeboten in der zweiten, im Jahr der Erstauflage erschienenen Ausgabe - die deutschen Zustände. Die 1833 in Frankfurt eingeweihte Paulskirche wird 1848/49 Ort des Vorparlaments und der Nationalversammlung. Adolph Streckfuss hat Die Staats-Umwälzungen der Jahre 1847 und 1848 umgehend niedergeschrieben und veröffentlicht. Der chronologisch angeordneten Auflistung folgen noch die damals verbotenen und in einer weiteren Auflage erschienenen Zeitgedichte als Ein Glaubensbekenntniß von Ferdinand Freiligrath, doch dann reitet schon Iwan auf dem grauen Wolf neben der Prinzessin über den Einband des Märchenbandes von Wassiliy A. Joukowsky ein, gefolgt von weiteren Märchen von Gisela von Arnim. Zahlreiche Lithographien zeigen uns sodenn Die Oberlausitz als besondere Abtheilung von Sachsens Kirchen-Galerie, Holzstichtafeln Walrösser aus Der hohe Norden von Georg Hartwig, ein Stahlstich im Handatlas in Foliumgröße von Adolf Stiehler den Kontinent Australien, Originalphotographien lichten das Souvenir de Constantinople ab und der dunkelgrüne Leineneinband in Kalikogewebe präsentiert mit goldener Prägung Die österreichisch-ungarische Nordpol-Expedition in den Jahren 1872-1874.
Unser 19.Jahrhundert endet mit der dreibändigen Ausgabe Encyklopädisches Handbuch des gesamten Turnwesens, in dem nicht nur – wie auf der einen Abbildung dargestellt – die Erzeugung des Umschwunges erläutert wird, sondern auch mitgeteilt wird, dass das italienische Vereinsturnen auch Frauenabteilungen aufwies, die ziemlich gut besucht waren, wie nämlich jene von Rom mit 80 Damen. Zwei junge Männer haben wir vor der Paulskirche abgefangen, photographiert und befragt. In den Notizen aus Frankfurt unterhalb unserer Liste ist mehr zu erfahren.
Frankfurter Paulskirche & Berliner Wind Die Frankfurter Paulskirche, die nur 120 Meter vom Tresor am Römer entfernt liegt, wird in 17 Tagen eine verstärkte ministeriale und von einem Expertenrat unterstützte Aufmerksamkeit erfahren, denn dieser Ort der ersten deutschen Nationalversammlung soll an nationaler Wirkung hinzugewinnen. Wie diese Absicht gestaltet wird, soll noch vor Ende des folgenden Jahres empfohlen werden. Dass dieser Ort eine besondere Bedeutung hat, ahnen und wissen auch die zahlreichen Besucher, die täglich die Ausstellung in der Paulskirche besuchen. Unter ihnen fallen zwei sympathische junge Männer auf, die sich sogleich bereit erklärten, für unser Foto zu posieren. Adam Janabi aus Katar sowie Quentin Vercruysse aus Frankreich studieren in Berlin und nutzen ihre Semesterferien auch, um Frankfurt am Main einen Besuch abzustatten. Kaum haben sich die beiden wieder auf die ausgestellten Exponate gestürzt, sichten wir die Frankfurter Dezernentin für Umwelt und Frauen, Frau Rosemarie Heilig, die sich noch lebhaft an ihre große Ehrfurcht erinnert, die sie während ihrer ersten im Plenarsaal gehaltenen Rede empfand. Dieses Gebäude und der Paulsplatz mit seinen Platanen ist zudem für viele Frankfurter ein außergewöhnlicher Ort, der eine erhabene und lebhafte Ausstrahlung hat. Und gerade in dem Moment, in dem wir versuchen das gesamte Gebäude im Sonnenschein und nicht im Wolkenschatten abzulichten, beginnt ein neues Gespräch mit einer Kundin und so steht man als plaudernder Bürger vor der Paulskirche - zwar ohne Haube, Sonnenschirm oder Zylinderhut, aber ähnlich wie auf den Stahlstichen des 19.Jahrhunderts.
Büchersammler werden magisch von der schillernden Anziehungskraft dieser Bücher angelockt. Nummerierte Buchexemplare bergen zumeist Besonderheiten des Materials, schmücken sich mit Seltenheitswert und stechen mitunter durch Einzigartigkeit wie die abgebildeten Drachenentwürfe hervor. Dem japanischen Krieger zur Rechten, dem springenden Fisch zur Linken, dem exaltierten Wurm unten gesellen sich nicht nur weitere von Hand gezeichnete und kolorierte Figuren hinzu, sondern auch ein aus Papier und Holzstäbchen gefertigter Drache. All diese Originale auf und aus feinen japanischen Papierbögen liegen geschützt in der aufwendig hergestellten Mappe Kites of Japan des Meisters Tatsusabro Kato. Einen robusteren Eindruck hinterlässt das Künstlerbuch von Penck. Die Buchseiten aus Karton bieten den kräftigen und energiegeladenen Strichen einen adäquaten Untergrund. „I am ar.penck … who are you?“, fragt der Künstler in 100 signierten und nummerierten Exemplaren den Leser und Betrachter. Ein agiles Höhlensteinzeitmenschlein hebt die Arme neben der hingefegten Signatur oberhalb der Nr.8 im ereignisreichen Jahr 1989.
Besonders empfindlich mutet das Buchkunstwerk Reiner als Sinn an. Die gestrichelten dynamischen Formen von Günther Uecker zu Gedichten von Gennadij Ajdi wurden vom Stein auf samtig anmutendes und zart strahlendes Lithographiepapier gedruckt. Durch des Künstlers und des Dichters Hand ist das Exemplar vorzugsweise als eines von nur 30 römisch nummerierten - hier als die Nr.II - signiert. Ludwig Meidner hat 150 Mappen der expressionistischen Strassen und Cafés mit seinem Namen versehen – vermutlich nicht ohne Hindernisse und Materialengpässe, denn das Werk erschien im Herbst 1918, kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges. Und obwohl der Künstler gezwungen war in dieser Zeit seinen Militärdienst in einem Kriegsgefangenenlager bei Cottbus abzuleisten, liegt uns heute die von ihm signierte Nr.108 vor. Noch vor dem Krieg im Jahre 1912 erschien im selben Verlag von Georg Müller eine signierte Vorzugsausgabe des Dichters Richard Schaukal, die das Privileg hatte, auf Büttenpapier gedruckt zu werden als auch in einem edlen Maroquineinband mit goldgeprägten Deckelfileten, Innenkantenvergoldung und Kopfgoldschnitt eingebunden zu sein, um schmeichelnd als Nr.12 von 50 Exemplaren in den Händen des Lesers zu liegen. Nur ein Jahr später ist der handwerklich kunstvolle Handeinband mit der goldgeprägten Deckelvignette aus der Werkstatt von E.A.Enders nach einem Entwurf von Walter Tiemann gefertigt worden und bestätigt die hohe Buchbindekunst dieser Zeit. Unser ältestes nummeriertes Buch von Eugenie Mumm-Lutteroth aus Frankfurt am Main erschien 1889 in ihrer Heimatstadt und zieht vor allem die Blicke durch seine goldbedruckten Seidenbänder auf sich.
Im Anschluss des Angebotes kann man in den Notizen aus Frankfurt einem heiteren Zahlenspiel gemeinsam mit Tante Melber und dem Struwwelpeter folgen.
Zahlenspiel & Struwwelpeter Am nummerierten Freitag lassen wir uns von der nicht weit entfernten Gasse Hinter dem Lämmchen mit der Nummer 2 anziehen. Das Schild mit der Hausnummer hängt am rekonstruierten Haus zum Esslinger, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Auf dem Areal entstand später das Technische Rathaus, in dem auch der Tresor am Römer bis zum Jahr 2002, nämlich 25 Jahre lang, sein Domizil hatte. Vor circa zwei Jahren ist das Struwwelpeter Museum in das frisch wiedererbaute Gebäude, das die Frankfurter auch als Haus der Tante Melber kennen, gezogen. Tante Melber war die jüngere Schwester von Johann Wolfgang Goethes Mutter oder auch die zweite Tochter der Familie, die den Kaufmann und Hausbesitzer Georg Adolf Melber geheiratet hat und ihren Neffen Johann Wolfgang häufiger zu Besuch hatte, dessen lebhafte Eindrücke in Dichtung und Wahrheit nachgelesen werden können. Heute bleiben zween Mädchen vor dem Fenster des Struwwelpeter Museums stehen und betrachten mindestens eine doppelte Minute lang die 3 x 2 fremdsprachigen Struwwelpeterausgaben in Chinesisch, Französisch, in Italienisch, Arabisch, Japanisch und Türkisch. Währenddessen bemängelt ein Mann mit kurzer Lederhose auf zwoa stark behaarten Beinen die fehlende bayrische Übersetzung, und ein Paar passiert das Haus mit je einer Wurst, also mit zwei Würsten von der Altstadtmetzgerei Dey (nicht Zwey!). Wir hingegen überlegen mit der neu illustrierten Struwwelpeter-Ausgabe von Hans Witte - wundersam als 222 nummeriert - unter'm Arm, ob hier auf dem Hühnermarkt anno dazumal auch das Zweinutzungshuhn angeboten wurde. Als wir uns sicher sind, dass Hinter dem Lämmchen 2 das Leben von ausschließlich einer Zahl bestimmt ist, promenieren um Punkt 14 Uhr drei, 3, trois, tre, tres, üç, 三 Tauben, also ein Taubentrio durch das harmonische Zweierlei und bringen alles durcheinander. Hanns Guck-in-die-Luft aber – wir sehen ihn auf dem unteren Foto zusammen mit der Museumsleiterin Frau Zekorn im Duo – lässt sich nicht beirren, ja, die Hoffmannsche Reimerei bestätigt sogar die unerwartet aufgetauchte Zahl und erinnert uns wiederum an den unerwartet großen Erfolg des Kinderbuches Der Struwwelpeter: Also dass er kerzengrad / Immer mehr zum Flusse trat. / Und die Fischlein in der Reih' / Sind erstaunt sehr, alle drei.
Anhand des Angebotes kann heute eine Weltreise je nach Neigung und passend zu den geographischen Möglichkeiten laufend ......, fahrend -----, reitend ;:;:;:; oder segelnd ~^~ freudvoll durchgeführt werden. Versprechen können wir, dass es so einiges Kurioses auf den fremden Kontinenten zu entdecken gibt. Der Startpunkt befindet sich in Frankfurt am Main, von wo der Weg in Richtung Süden eingeschlagen wird. ...... ;:;:;:; ------ ...... ;:;:;:; ----- Der erste Halt wird in Spanien sein. Hier gibt uns Jean François de Bourgong Auskunft über die Stierkämpfe zu jener Zeit. Der Eintritt war nicht billig - das kann bereits verraten werden. Gut informiert erscheint der Autor auch über damals lebende Personen wie Don Pablo Olavide, der Zwangsaufenthalte in Klöstern absolvieren musste oder über den Sklavenhandel, zu dem er konkrete Zahlen angibt. Nachdem wir erfahren haben, wie sich in den Jahren 1782 bis 1788 die Inquisition in diesem Land verhalten hat, können wir einigermaßen erleichtert die Reise fortsetzen. ...... ~~~~ ^^^^^ ~~~~ Wir schippern zu den Kanaren ~~~~ ^^^^^ ~~~~ und belesen uns bei Renaudot über Algerien ;:;:;:;;:;:;:; --------- Von Ägypten und dem Sudan erhalten wir durch William George Browne neue Erkenntnisse - nämlich jene des endenden 18.Jahrhunderts. Darfour hat er als erster Europäer entdeckt und dort die Sitten und Bräuche der Einwohner aufgezeichnet. Interessant sind seine Beobachtungen in diesem Land über die vom Sultan erzwungenen Freilassungen versklavter Frauen oder auch die der Körperhygiene, denn statt Seife wurden Salben verwendet und besondere Haarpartien wurden ausgerupft. Diese und weitere detaillierte Beschreibungen finden Sie in dem Buch "Reisen in Afrika, Egypten und Syrien." ;:;:;:; ...... ;:;:;:; ------ ...... ;:;:;:; [Pause für das Maultier]
;:;:;:; ----- ;:;:;:; ----- Westafrika Die "Reise durch das westliche Afrika, in den Jahren 1785, 1786 und 1787." informiert über Aufnahmeprüfungen in die sogenannten Purrah und dessen Strafen, sollte ein Mitglied Verrat geübt haben. Mit eigenen Augen gesehen und eindrucksvoll beschrieben hat der französische Ingenieurkapitän Golberry Sandhosen oder auch Tiere wie das Chamäleon. Und neben zahlreichen dieser eigenen Erfahrungen führt er in Tabellen die Anzahl der Sklaven und deren Wert auf. Wer wissen möchte, wie Krokodilfleisch schmeckt, ohne dies selbst kosten zu wollen, kann es in dem angebotenen Buch nachlesen. ...... ------ ...... ----- Südafrika ~~~~~~~~ ^ ~~~~~~~~ ^ ~~~~~~~~~ ^ ~~~~~~~~~ ^ ~~~~~~~~ ^ ~~~~~~~~~~~~ ^^^^^ ~~~~ Magellanstrasse ~~~~ ^^^^^ ~~~~ Nach nicht ungefährlicher Seefahrt durch den Südatlantik (ein Sturm) und die Meerenge zwischen südamerikanischem Festland und Feuerland (unter Beobachtung neugieriger Pinguine) erreichen wir Chile, wo wir im Jahre 1875 zusammen mit dem Geologen A.Pissis u.a. am Krater des Vulkans Antuco stehen können. [Pause für Stärkung mit einem Guanaco-Braten]
~~~~ ^^^^^ ~~~~ ...... ------ ...... ----- Durch Nordamerika insbesondere durch die Felsengebirge bis nach Neu-Mexiko werden wir von Balduin Möllhausen anno 1857 geführt, der für diese Expedition von der Regierung der Vereinigten Staaten beauftragt wurde. Er selbst hat nicht nur die Reise, Eingeborene und andere Bewohner beschrieben, sondern auch die landschaftlichen Eindrücke gezeichnet, um uns die Charakteristiken der unterschiedlichen Landstriche vor Augen zu führen. ^^^^ ~~~~ ^^^^^ ~~~~ ^^^^^ ~~~~ Hawaii studieren wir mit Hilfe von Augustin Krämer, bevor wir wieder in See stechen. ^^^^ ~~~~ ^^^^^ ~~~~ ^^^^^ ~~~~ Ausführlich werden wir über Australien von Samuel Sidney mit der ersten deutschen Ausgabe informiert, die mit Tagebucheintragungen von Goldgräbern endet. ~~~~ ^^^^^ ~~~~ Haiflossen vor Indonesien ~~~~ ^^^^^ ~~~~ ............ China und den Kaiserhof lernen wir dank der berühmten 24 Kupferstiche mit erklärenden Texten aus dem Jahre 1788 kennen. Wer wissen möchte, wer die Dame ist, die vor Tsching-Ti so gekonnt wie verführerisch tanzt und warum der Berater viel zu ernst den gebannten Blick des Prinzen beobachtet, möge die aufklärende Bildbeschreibung von Joseph Amiot lesen. Auch erfahren wir, warum die chinesischen Musiker im Himmel spielen und was es mit einem selten gesehenen Fabeltier auf sich hat. ------ ...... ------ ...... ----- Mit Araberhengsten galoppieren wir schließlich durch Persien des 17.Jahrhunderts, ;:;:;:;;:;:;:;;:;:;:;;:;:;:;:;: durch Arabien, ;:;:;:;;:;:;:;;:;:;:;;:;:;:;:;: Konstantinopel ;:;:;:;;:;:;:;;:;:;:;;:;: